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Retter nimmt Abschied. Vor gut vier Jahren übernahm Magna Steyr die Fabrik an der Friedrich-Engels-Straße von dem beinahe insolventen Tanksystemespezialisten Erhard & Söhne. Nun sucht Magna Steyr selbst einen Nachfolger für den Standort.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Förderauflagen bei Magna noch nicht erfüllt

Unternehmen droht Rückzahlung von bis zu drei Millionen Euro. Stadt kritisiert Informationspolitik

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Wegen der geplanten Schließung des Magna Steyr-Werks hat die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) am Donnerstag ein Anhörungsverfahren eingeleitet. Das teilte die Förderbank gestern auf PNN-Nachfrage mit. Hintergrund ist nach ILB-Angaben, dass die sogenannte Bindefrist für erteilte Fördermittel noch nicht abgelaufen ist. Ausgegeben wurde die Förderung in Höhe von mehr als drei Millionen Euro im Jahr 2008 zwar nicht an Magna Steyer, sondern an die Firma Erhard & Söhne. Doch durch den Kauf des mittelständischen Unternehmens aus Baden-Württemberg vor gut vier Jahren habe der österreichische Automobilzulieferer auch deren Förderauflagen übernommen, bestätigte die ILB einen entsprechenden PNN-Bericht.

Mit dem Verfahren will die ILB offenbar die Rückzahlung der Förderung erreichen, sollte kein Käufer für die Fabrik gefunden werden. „Die ILB wird sich mit ihren Partnern dafür einsetzen, am Standort eine Nachfolgelösung zu finden“, erklärte ILB-Sprecher Matthias Haensch. Falls Rückzahlungen fällig würden, werde das Land diese auch erhalten, zeigte sich Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) überzeugt.

Wie berichtet will Magna Steyr, eine Tochter des austro-kanadischen Automotivkonzerns Magna International, seine Produktion in der Friedrich-Engels-Straße nahe dem Hauptbahnhof zum 31. Dezember dieses Jahres schließen. Zu dem Schritt hatte sich Magna Steyr nach eigenen Angaben entschlossen, weil der Nachfolgevertrag mit dem Hauptkunden des Werks, Daimler, an einen Konkurrenten gegangenen sei. Bemühungen um ein Neugeschäft seien leider gescheitert, hieß es weiter.

In Potsdam hat Magna Steyr Druckluftbehälter für Bremssysteme und zur Niveauregulierung hergestellt, die unter anderem in der Daimler-Baureihe Actros eingebaut werden. Von der Werksschließung sind rund 60 Mitarbeiter betroffen. Noch Anfang des Monats hatte Magna Steyr auf eine PNN-Anfrage zu Entwicklung am Standort mitgeteilt, es gebe zu „unseren Aktivitäten in Potsdam nichts besonderes, das wir hervorheben könnten.“

Nach PNN-Informationen sollen die betroffenen 50 festangestellten Mitarbeiter – der Rest sind Zeitarbeiter – Abfindungen und Kinderzuschläge erhalten. Wer noch bis Jahresende im Unternehmen bleibt und die restlichen Aufträge abarbeitet, soll zusätzlich im Dezember eine Art Durchhalteprämie in Form einer Einmalzahlung erhalten. „Darüber hinaus unterstützen wir die Betroffenen dabei, eine neue Beschäftigung bei einer anderen Magna-Gruppe zu finden“, heißt es zudem in einem offiziellen Aushang im Werk. Die nächstgelegenen Magna-Steyr-Standorte in Deutschland befinden sich allerdings in Wolfsburg und in Grevenbroich in Nordrhein-Westfalen, wobei in der niedersächsischen VW-Stadt nicht produziert, sondern nur entwickelt wird. Zudem ist dort auch eine Vertriebsstelle angesiedelt.

Was die Zukunft der Betroffenen betrifft, gab man sich am Donnerstag im Wirtschaftsministerium aber optimistisch: „Was die Mitarbeiter angeht, hegen wir die Hoffnung, dass sie rasch eine neue Perspektive finden“, sagte eine Ministeriumssprecherin. Mechatroniker und Metallfacharbeiter würden schließlich derzeit händeringend in der Region gesucht.

Im Potsdamer Rathaus hat man diese Hoffnung ebenfalls. Die Unternehmensentscheidung wolle man nicht kommentieren, hieß es. „Auch wenn wir auf direkte Geschäftsbeziehungen und Verträge unserer Unternehmen in Potsdam natürlich keinerlei Einfluss haben, so ist die Schließung umso bedauerlicher, als dass es sich hierbei um eines der wenigen produzierenden Gewerbe in Potsdam handelt“, erklärte Stefan Frerichs, Leiter der Wirtschaftsförderung. „Sofern unsere Dienste mit Blick auf Nachnutzungen und Fachkräftevermittlungen gefragt sind, stehen wir sofort zur Verfügung.“

Wie berichtet hatte Magna Steyr nach eigenen Angaben sowohl die brandenburgische Staatskanzlei als auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bereits am Dienstagabend von der geplanten Schließung informiert. Dennoch hatte Jakobs davon erst am gestrigen Donnerstag aus den PNN erfahren. Der betreffende Brief des Unternehmens war laut Stadt erst gestern im Rathaus eingegangen. „Leider sind wir im Vorfeld über die aktuelle Situation nicht informiert worden“, erklärte der Oberbürgermeister.

Von der Belegschaft am Standort wollte sich am Donnerstag niemand äußern. Einen Betriebsrat gibt es nach Angaben der Industriegewerkschaft IG Metall nicht. „Wir haben mehrmals versucht, mit den Kollegen Kontakt aufzunehmen. Es gab aber kein großes Interesse“, sagte IG Metall-Bevollmächtigter Bernd Thiele den PNN. An anderen Magna Steyr-Standorten in Deutschland seien durchaus Betriebsräte gebildet worden. „Wir sind aber trotzdem gerne bereit, die Kollegen bei Bedarf zu unterstützen“, bot Thiele an. Matthias Matern (mit juh)

Matthias Matern (mit juh)

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