Von Marco Zschieck: Forscher mit „Happy Pack“
Beim Famelab vermitteln junge Wissenschaftler ihre Forschung auf unterhaltsame Art. Den Wettbewerb gewann der spontanste Teilnehmer
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„Der mit dem Bauch war auch ganz gut“, sagte Besucherin Alexandra Schmöger in der Pause des Famelabs auf dem Potsdamer Telegrafenberg. Bei dem Wettbewerb stellten am Freitagabend sieben junge Wissenschaftler in dreiminütigen Vorträgen ihre Forschungsrichtung vor. Ohne Powerpoint-Präsentation und Notizen und so, dass es auch Laien verstehen. Requisiten waren nur erlaubt, sofern die Teilnehmer sie selbst tragen konnten.
Auch wenn Schmöger sich nicht auf einen Favoriten festlegen wollte, bewies die 32-jährige Potsdamerin eine gute Intuition. Denn am Ende entschied sich die Jury für Hewád Laraway, den Mann mit dem Bauch. Dabei war die Leibesfülle des Berliner Wollmützenträgers mit afghanischen Wurzeln gar nicht besonders umfangreich. Er selbst nannte es seinen „Happy Pack“.
Doch der Bauch war Teil eines Scherzes, mit dem Laraway gleich zu Beginn seines Vortrages die Zuschauer zum Lachen gebracht hatte. Unter seinem rosa T-Shirt verberge sich kein Sprengstoffgürtel, obwohl er Afghane sei. Und mit dem Lachen des Publikums war der Biologe auch gleich bei seinem Thema: Emotionen. Die, so erklärte er, wirken sich auf die Gene aus. Ängste, Schocks, Freude und Glück graben sich so in die Erbmasse ein, dass sie sich noch Generationen später auswirken können. So habe man festgestellt, dass das Erlebnis einer Hungersnot noch in der Enkelgeneration zu Essstörungen führen kann.
Er selbst hatte mit dem Essen sichtbar kein Problem. Obwohl ihm das Los den schwierigen ersten Auftritt zugewiesen hatte, blieb er auch vor den geschätzt 150 Gästen locker. Wirklich entschlossen mitzumachen habe er sich erst am Freitagmorgen. So blieb nicht viel Zeit zur Vorbereitung, aber auch nicht für Nervosität. Von seinem ersten Platz war der 27-Jährige, der an der TU Berlin gerade an seiner Diplomarbeit schreibt, dann auch überrascht. Die anderen Vorträge seien sehr gut gewesen und er habe wohl sogar etwas Zeit verschenkt und die drei Minuten nicht ausgeschöpft. Die Jury aus Wissenschaftlern aus Brandenburg und Berlin fand das nicht weiter schlimm. Für den Sieger gab es einen vergoldeten Lorbeerkranz mit Schleifchen, eine Urkunde und einen Geldpreis von 300 Euro. Larawey habe mit Souveränität und dem gezielten Einsatz von Klischees überzeugt, befanden die vier Jurymitglieder.
Das kann Larawey nun beim deutschen Finale des vom British Council organisierten Famelab in Bielefeld unter Beweis stellen. Wer dort gewinnt, qualifiziert sich für das Finale beim Cheltenham Science Festival im Sommer in England.
Neben Hewád Larawey wird auch der Zweitplatzierte Christopher Kyba vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie in Berlin zum deutschen Finale nach Ostwestfalen reisen. Er hatte die Jury mit seinem Vortrag über Citizen Science – zu Deutsch in etwa Bürgerforschung – überzeugt. Dabei sollen die Teilnehmer per Smartphone durchgeben, welche Sterne sie von ihrer Position aus sehen können. So können die Wissenschaftler dann auf einer breiten Datenbasis errechnen, wie hell das Hintergrundlicht der Zivilisation ist. Das soll dann Basis für die Erforschung der Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf Tiere und Pflanzen sein.
Den Zuschauern hatte der Auftritt von Benham Nouri am besten gefallen. Der Ingenieur mit der Kochmütze von der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus hatte in seinen Vortrag eine Salami und eine Packung Spaghetti eingebaut. Damit erklärte er, wie die Kühlung von Turbinenschaufeln berechnet werden kann. Das könne sehr lange dauern, also müsse er seinen Professor wohl um einen unbefristeten Vertrag bitten, scherzte Nouri. Dank des Publikums könne er sich nun über Ruhm, Ehre, einen Kranz und ein Abonnement der Zeitschrift Geo freuen, sagte Radioeins-Moderator Sven Oswald. Der eloquente Radiomann führte schon zum dritten Mal durch den Wettbewerb und fand den Abend grandios.
Den Teilnehmern des Regionalausscheids hätte man auch etwas mehr Publikum gewünscht. Die meisten der Zuschauer waren selbst Wissenschaftler und hatten von dem Wettbewerb über einen E-Mailverteiler gehört oder begleiteten einen der Teilnehmer. So blieb die Absicht, Wissenschaft auch an interessierte Laien zu vermitteln, im Ansatz stecken. Der Hörsaal im Potsdamer Geoforschungszentrum auf dem Telegrafenberg war nur gut zur Hälfte gefüllt. Der Veranstaltungsort sei auch etwas abgelegen, murmelte ein Gast in der Pause.
Die etwas unbequemen Sitze, das grelle Licht und die graue Auslegware verleiteten nicht zum längeren Verweilen. Da halfen auch nicht Snacks und Getränke zu den in der Einladung versprochenen ökonomischen Preisen. Zumal sich Softdrinks und das Bier, das laut Etikett einst das Tafelgetränk sächsischer Könige war, bis zur Jurypause auf Raumtemperatur erwärmt hatten. Zur Überbrückung spielte im Foyer die Band Kitchengrooves mit Cello, Gitarre und Gesang. Die gefiel auch Alexandra Schmöger. Die Band sei der Grund, warum sie eigentlich gekommen sei, sagt sie.
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