ATLAS: Fragen reicht nicht

Es gibt derzeit in Potsdam kein Thema, das so polarisiert wie der Wiederaufbau der Garnisonkirche. Das hat nicht nur die teils erbittert geführte Debatte der vergangenen Monate bewiesen: In dreieinhalb Monaten haben die Gegner mehr als zehn Prozent der Potsdamer dazu bewegt, ein Bürgerbegehren gegen den Wiederaufbau zu unterschreiben. Ob der von den Gegnern erhoffte Bürgerentscheid jetzt zustandekommt, ist dennoch ungewiss – es hängt von den Wendungen der Kommunalpolitiker ab.

Daher ist die Frage angebracht, ob Potsdam eine Art Volksabstimmung zur Garnisonkirche überhaupt benötigt. Denn auch eine Abstimmung müsste den aufgeheizten Konflikt nicht unbedingt befrieden.

Wenn es ein Nein der Bevölkerung gäbe, müssten sich die Wiederaufbau-Initiatoren daran gebunden fühlen? Könnten sie sich nicht auf vielerlei berufen, das den Wiederaufbau rechtfertigt – eine Wiedergutmachung für einst erlittenes Unrecht, das Recht der Kirche, eine verlorene Gottesdienststätte wiederentstehen zu lassen, nicht zuletzt die von der gewählten Bundesregierung festgestellte nationale Bedeutung des Projekts?

Umso erbitterter würden sich wohl die Gegner wehren, mit dem Wissen einer Mehrheit der Potsdamer im Rücken. Andererseits: Würde der Kirchenbau, für den heute das Geld noch lange nicht zusammengekommen ist, tatsächlich einmal begonnen, ohne dass die Bürger vorher befragt wurden, wären möglicherweise weit heftigere Proteste zu erwarten. Insofern könnte ein Bürgerentscheid hilfreich sein. Aber nicht allein. Der Weg muss über eine sachliche Debatte führen, geprägt von Achtung für die jeweils gegnerische Position. Ansonsten wäre das Ergebnis einer Volksabstimmung schon jetzt beschädigt.