Sport: Frau oder Mann?
Delikate Debatte um Turbine-Neuzugang
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Der Zwergstaat Äquatorialguinea sorgt schon vor seinem Debüt bei der Frauen- WM für reichlich Kontroversen. Erst musste der Neuling vom Schwarzen Kontinent die pikante Debatte um den angeblichen Einsatz von Männern aushalten, dann folgten die Zweifel an der rechtmäßigen Einbürgerung brasilianischer Spielerinnen. Kurz vor dem Auftaktspiel gegen Norwegen am Mittwoch (15.00 Uhr/ZDF und Eurosport) sperrte der Weltverband FIFA nun auch noch Stürmerin Jade Boho für mindestens zwei Monate, weil sie wohl bereits für Spaniens Nationalmannschaft in Länderspielen zum Einsatz gekommen war.
Auf solche Schlagzeilen hätte das Team aus Westafrika gern verzichtet. Vor allem eine Spielerin sieht sich vor der Partie gegen den Weltmeister von 1995 im Brennpunkt: Spielführerin Genoveva Anonma, die zur kommenden Saison in der Bundesliga von Jena zum 1. FFC Turbine Potsdam wechselt. Seit mittlerweile fünf Jahren muss die 21-Jährige mit Gerüchten und Anschuldigungen leben, sie würde für das falsche Team ihres Landes spielen. Sie soll keine Frau, sondern ein Mann sein, wird Anonma vorgehalten.
Für die immer gleichen Fragen aber hat Anonma nur ein Lächeln übrig. „Wenn ich keine Frau wäre, könnte ich nicht in der Bundesliga spielen. Man nimmt ja nicht jeden. Die Leute wissen schon, wen sie verpflichten“, sagt sie.
Mit 19 Jahren schoss Anonma das erdölreiche Land, das bis dahin auf der Karte des Weltfußballs nicht existierte, zum Gewinn des Afrika-Cups. Im Herbst vergangenen Jahres führte sie ihr Team zur ersten WM-Teilnahme. Doch schon seit 2006 wird der Aufstieg der Kickerinnen aus Äquatorialguinea argwöhnisch verfolgt. Vor allem Afrikas Fußball-Großmacht Nigeria wirft dem Emporkömmling vor, er habe sich die WM-Teilnahme erschlichen. Nigeria hat offiziell Beschwerde beim Kontinentalverband CAF eingereicht und damit maßgeblich zur Geschlechterdebatte beigetragen, die auch Anonmas Teamkameradinnen, die Schwestern Biliguisa und Salimata Simpore, betraf. Sie wurden nicht für die WM nominiert, weil sie nach offiziellen Angaben verletzt sind. Anonma ist in ihrer Heimat ein Star, und der USV Jena, für den die zierliche Fußballerin bis vor kurzem spielte, der mit Abstand beliebteste Club in Äquatorialguinea. In der neuen Saison trägt sie das Trikot des deutschen Meisters Turbine Potsdam.
Abseits der Debatte um die trickreiche Stürmerin gibt auch die Zusammenstellung des Kaders Rätsel auf. Viele Spielerinnen von Trainer Marcelo Frigerio, der einen italienischen und einen brasilianischen Pass besitzt, sind nicht in Äquatorialguinea geboren, sondern hätten sich gegen Zahlung einer Aufwandsentschädigung aus dem Sportministerium einbürgern lassen, monieren Kritiker. Die Mehrzahl der „Söldnerinnen“ kommt aus Brasilien, andere aus Kamerun und Nigeria. Doch für Jade Boho zog die FIFA am Montagabend die Spielerlaubnis offiziell zurück. Die 25-Jährige wurde vorläufig suspendiert. Laut FIFA-Statuten war offenbar ihr Verbandswechsel von Spanien nach Äquatorialguinea nicht zulässig. Immerhin durfte der WM-Debütant Emiliana als Ersatz nachnominieren. dpa
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