Von Hella Dittfeld: Frauenpower bei der Augen-OP
Augenklinik feierte 50-jähriges Jubiläum / Im Film „Tanz auf der Kippe“ spielt ein Chefarzt sich selbst
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Es gab einen guten Grund, das 50-jährige Jubiläum der Augenklinik des Ernst-von- Bergmann-Klinikums am Samstag im Filmmuseum zu feiern. Denn Augenärzte haben manchmal sogar das Zeug zum Filmstar oder etwas bescheidener ausgedrückt, 1990 spielten Chefarzt Doktor Dirk-Peter Schulze und sein Assistent sich im Film „Tanz auf der Kippe“ selbst. Regisseur Jürgen Brauer hatte 1989 im Klinikum – damals war es noch das Bezirkskrankenhaus – angefragt, ob man ihn bei den Filmszenen, die Behandlung und Augenoperationen betrafen, beraten könne. Der Augenklinik-Chef hielt die Zusammenarbeit mit den Filmleuten nicht nur für hochinteressant, er bot als Drehort auch gleich noch die Räume der Augenklinik an und fand es am authentischsten, wenn das Krankenhauspersonal sich selbst spielen würde. Und so geschah es. Was lag also näher, sich bei der Jubiläumsfeier den Film noch einmal anzusehen. Im Film wird der Hauptdarsteller, ein 17-jähriger junger Mann, in eine Laugenpfütze gestoßen und verätzt sich die Augen. Alleingelassen braucht er zu lange, ehe er in ärztliche Behandlung kommt. Er erblindet. Retten kann ihn nur noch eine Hornhauttransplantation. „Wenn so etwas in der Realität passiert“, erklärt Schulze, „dann lassen wie Ärzte alles stehen und liegen, um uns sofort nur um diesen Patienten zu kümmern. Es geht dann um Sekunden.“
Schulze, der von 1983 bis 2009 die Augenklinik in Potsdam leitete, hatte sie schon zu DDR-Zeiten zu einer führenden Einrichtung gemacht und dort als einer der ersten Ärzte Ultraschall- und Laserbehandlung eingeführt. Als er voriges Jahr in Rente ging, übernahm Doktor Anja Liekfeld seinen Platz und gab damit der Frauenpower in der Augenklinik ein zusätzliches weibliches Gesicht. Das Augenklinik-Team besteht nämlich aus neun Ärztinnen und nur einem Facharzt-Kollegen. Gerade ist noch eine Fachärztin hinzugekommen, die sich auf Operationen an der Netzhaut spezialisiert hat, sodass die Potsdamer Augenklinik jetzt eine Rundum-Versorgung bei Augenleiden anbieten kann. Was einmal mit jährlich etwa 20 bis 50 Operationen begonnen hatte, das ist auf 2000 OPs im Jahr und rund 10 000 Behandlungen im ambulanten Bereich angestiegen. Die Patienten kommen aus dem gesamten Land Brandenburg und noch immer verfügt die Augenklinik entgegen dem modernen Trend über eine Krankenstation mit 30 Betten, was besonderes für ältere, aus ferneren Orten stammende Patienten hilfreich ist.
„Die Anfänge in der Augenklinik müssen chaotisch gewesen sein“, erinnerte sich Schulze bei der Jubiläumsveranstaltung, denn erst 1962 seien erste Augenoperationen durchgeführt worden. Auch er habe 1983 noch eine Technik vorgefunden, die mit riesigen Apparaturen alles andere als auf dem neuesten Stand gewesen sei. Man habe aber in all den Jahren auch technisch Riesenschritte nach vorn gemacht. Auf eine bahnbrechende Neuerung konnte die neue Augenklinik-Chefin Anja Liekfeld verweisen. Im Fraunhoferinstitut für Angewandte Polymerforschung Potsdam habe Doktor Joachim Storsberg Experimente mit künstlicher Hornhaut erfolgreich vorangetrieben. Noch sei man jedoch auf Organspenden angewiesen und die seien in viel zu geringer Zahl vorhanden. Liekfeld schloss deshalb ihrem Vortrag den Aufruf an, sich als Organspender einzutragen.
Bei allem technischen Fortschritt bleibt aber das Können des Operateurs die wichtigste Grundvoraussetzung für den Erfolg. Der Arzt muss immer wieder auf eine hohe Feinmotorik setzen. Da verwundert es nicht, dass jahrelang am Auge ohne Handschuhe operiert wurde, wie Schulze auf Anfrage gestand. Erst das Auftreten von Aids habe die Situation verändert. Die Ärzte hätten sich dagegen jedoch vehement gewehrt und er habe all seine Autorität in den 80er Jahren aufwenden müssen, um sie „in die Handschuhe“ zu zwingen.
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