Landeshauptstadt: Freie Sicht für Viktoria
In Babelsberg wurden zwei 100-jährige Buchen gefällt: Ortstermin mit Gartendirektor Rohde
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Babelsberg – Der Blick auf die Nikolaikirche ist wieder frei. Die „Vedute von Florenz“ habe als Vorbild für den Ausblick von der Viktoria-Höhe gedient, erklärte Michael Rohde, Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, gestern Nachmittag im Babelsberger Park. Auf Einladung des Kreisverbandes der Bündnisgrünen waren neben Rohde auch Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde gekommen. Denn Anlass für den Ortstermin war die Fällung von zwei über hundert Jahre alten Buchen unterhalb der Viktoria-Höhe. Sie hatten der oben beschriebenen Sichtachse bis vor drei Wochen noch im Weg gestanden.
Heftige Kritik musste sich Rohde von Lutz Boede, dem Fraktionsgeschäftsführer von Die Andere, anhören: Boede bezeichnete die Stiftungs-Parks als „baumschutzfreie Zone“. Es sei unverständlich, warum die Schlösserstiftung für die Fällungen nicht zu Nachpflanzungen verpflichtet sei, wie jeder andere Potsdamer es nach der Baumschutzverordnung ist, monierte Boede. „Sie vertreten Ihre Belange nicht richtig“, lautete sein Vorwurf an die Naturschutzbehörde. Unverständnis äußerte auch Gisela Fuhrmann von der Bürgerinitiative „Babelsberger Park“. In letzter Zeit werde „übermäßig in den Waldbestand eingegriffen“, so ihre Beobachtung. Der Erhalt großer Bäume sei gerade in Zeiten des Klimawandels wichtig.
Ziel der Arbeit der Naturschutzbehörde sei nicht der Klimaschutz, stellte Ingo Lembcke, Mitarbeiter der Behörde, klar. Es gehe vielmehr darum, „den Baumbestand in der Stadt nachhaltig zu sichern“. Die Unesco-Welterbe-Parks der Stiftung genießen dabei einen Ausnahmestatus: Denn seit 2006 gibt es eine „öffentlich-rechtliche Vereinbarung“ zwischen Stiftung und Naturschutzbehörde, erklärte Behördenleiter Glenn Jankowski. Demnach kann die Stiftung auf dem Großteil der 800 Hektar großen Fläche selbst entscheiden, welche „gartenpflegerischen Maßnahmen“ – wie zum Beispiel Fällungen – sie durchführt. Nur in speziell als Biotop ausgewiesenen Flächen muss die Behörde entsprechende Eingriffe genehmigen.
Die Pflege der Gärten erfolge nach einem „Leitbild“, erklärte Gartendirektor Rohde. Idealzustand sei der von Joseph Lenné begonnene und von Fürst Pückler 1865 vollendete Park. Aufgabe der Stiftung sei es, „die historischen Strukturen wieder sichtbar zu machen“. Denn der Park sei lange Zeit vernachlässigt worden, „so dass Wildwuchs aufgekommen ist“. Karl Eisbein, der Bereichsleiter für den Park Babelsberg, schätzte die Zahl der Bäume, die seit 2006 für Sichtachsen gefällt wurden, auf „höchstens 30 Stück“. Auch wenn der Park als Natur empfunden werde, handele es sich um einen gestalteten Garten, so Rohde: „Vorrangig ist das hier erstmal ein Kunstgebilde.“ Es sei „richtig, den Park als Gartenkunstwerk zu erhalten“, betonte auch Peter Schüler (Bündnis90/Die Grünen).
„Sie bemühen sich um eine Kunstform, die von den Bürgern nicht mehr verstanden wird“, sagte dagegen ein Anwohner. Georg Bittcher von der Bürgerinitiative forderte ein Modell des „Leitbildes“ im Maßstab 1:1000. Die Darstellung im Modell sei zu aufwändig, sagte Rohde. Der Gartendirektor versprach eine Diskussions- und Infoveranstaltung zum Thema. Sie soll im Mai stattfinden. Jana Haase
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