Landeshauptstadt: Freistunden zum Pendeln

Achtung Baustelle, es kann zu Beeinträchtigungen des Schulbetriebs durch verlängerte Fahrzeiten für Schüler und Lehrer kommen! So kündigen die Administratoren der Schul-Internetseite die bevorstehende Aufgabe an: Improvisieren. Denn ab Montag heißt es für Schüler und Lehrer des Oberstufenzentrums II (OSZ II) Wirtschaft und Verwaltung zwei Jahre lang den Alltag zu bewältigen: 2500 Schüler und 80 Lehrer müssen in dieser Zeit samt Materialien und Technik zwischen vier Standorten in der Stadt pendeln. In den Stundenplan sollten sogar Freistunden für die Wanderungen eingeplant werden, weil das Stammhaus in der Waldstadt saniert wird – mit Millionenaufwand, gefördert durch das Land Brandenburg. Doch auch für die Zeit danach sieht Schulleiterin Christiane Weigel noch keine optimale Lösung für die größte Potsdamer Ausbildungseinrichtung: Das OSZ II, das durch die angebotenen Trendberufe weiter wachse, werde auch weiter an verschiedenen Standorten unterrichten müssen.

Schon jetzt ist das OSZ II im DDR- Schulbau Typ Erfurt besser belegt als ursprünglich geplant. Als Ausweich wurden die Kapazitäten einst in den Schlaatzer Schilfhof verlagert. Zwölf Prozent mehr Schüler als im Vergleich zum ursprünglichen Plan zählte die Verwaltung im Vorjahr. Ein Zustand, der auch für die beiden anderen Oberstufenzentren der Landeshauptstadt zutrifft. Aus Sicht von Dietmar Weiberlenn von der Schulverwaltung ist daher davon auszugehen, dass auch in den kommenden Jahren, wenn das Schülertal (Kinder der geburtenschwachen Nachwendejahrgänge sind derzeit in den Klassenstufen 5 bis 9) die OSZs erreicht, keines der Zentren im Bestand gefährdet ist. Durch das Angebot von Fach-, Fachober-, Berufs- und Berufsfachschulen unter einem Dach gelten die Oberstufenzentren als Multi-Ausbildungsstätten. 6500 Auszubildende und Schüler werden in 50 Berufen ausgebildet.

Die Geburt der Potsdamer OSZs liegt inzwischen 15 Jahre zurück: Im Juli 1991 fassten die Stadtverordneten den Beschluss, die damals 17 betrieblichen und kommunalen Berufsschulen zu drei Oberstufenzentren zusammenzufassen. Im Laufe der Jahre hat sich jedoch nicht nur das äußere Bild verändert – auch der Inhalt wurde dem Bedarf angepasst. So wurden beispielsweise mit Bautechnik und Fototechnik Bundesfachklassen installiert, die nur in Potsdam unterrichtet werden. Nicht nachgefragte Ausbildungszweige wie Damen- und Herrenschneider, Altenpflege oder Bauzeichner wurden abgeschafft. Neue wie Heilerziehungspflege, Film- und Videolaborant oder Fachkraft für Systemgastronomie kamen hinzu.

Berufszweige mit Zukunft sieht OSZ-Leiterin Christiane Weigel in ihrer Einrichtung beispielsweise beim Kaufmann für Tourismus und Freizeit, Sport- und Fitnesskaufmann und dem Gesundheitskaufmann. Doch ihre Schule bleibe verteilt auf die Standorte Zum Jagenstein Waldstadt und Schilfhof Am Schlaatz – auch nach der Sanierung. Abhilfe dafür könne es nicht geben, hieß es gestern aus der Verwaltung. Es gebe keine schultauglichen städtischen Gebäude mehr, die eine Einrichtung in dieser Größe aufnehmen.

Kritik an der Planung für die jetzt beginnende Übergangszeit äußerte die Schulleiterin ebenfalls. Sie hätte gerne den kompletten Standort der Marie-Curie-Oberschule als Ausweich bekommen. Da machte aber die Schulverwaltung nicht mit, da die Oberschule aufgrund eines Votums der Stadtverordneten erst im kommenden Jahr geschlossen wird. Die beantragte Versetzung der verbliebenen Schüler am Schlaatz an den Standort der Benz- Oberschule habe die Verwaltung ebenfalls abgelehnt. Insofern pendeln Schüler und Lehrer mit Unterrichtsmaterial und Technik nun zwischen den Räumen der Abendschule, der Benz- und Curie-Oberschule sowie dem Haupthaus Zum Jagenstein. Parkraumprobleme an der Benz- Oberschule werden ebenso erwartet wie erhöhter Zeitaufwand für Lehrer.

Ganz neu ist die Situation für das OSZ II jedoch nicht: Anfang der 1990er Jahre waren die Lernräume an fünf und mehr Standorte verteilt.