Landeshauptstadt: Freiwillige vor
Zehn kostümierte Studenten bitten Besucher am Sonnabend erstmals in drei Parks der Schlösserstiftung um einen freiwilligen Obolus von zwei Euro
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Zwei Euro bitte, heißt es ab Sonnabend erstmals in den Parks der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten. Von da an wird der angekündigte freiwillige Parkeintritt für den Erhalt und die Pflege der Parks erhoben. Zehn zuvor in einem Seminar psychologisch geschulte und zu höflichem Auftreten verpflichtete Kräfte – in der Mehrzahl Studenten – werden im Park Sanssouci, dem Neuen Garten und dem Schlosspark Berlin-Charlottenburg um einen Obolus bitten.
Die Anlagen seien kein Volkspark, sondern ein zum Weltkulturerbe gehörendes Gartendenkmal, argumentiert Schlösserchef Hartmut Dorgerloh. Als Gegenleistung würden die Gäste einen verbesserten Service und mehr Informationen erhalten. Allein die Unterhaltung aller Parks der Stiftung kostet jährlich 6,8 Millionen Euro. Gebraucht würden aber zwei Millionen Euro mehr. Durch den freiwilligen Eintritt und mehr Bußgelder bei Verstoß gegen die Parkordnung will die Stiftung in diesem Jahr etwa 700 000 Euro zusätzlich erwirtschaften.
Stiftungs-Verwaltungschef und Geschäftsführer der Servicegesellschaft Fridericus, Dr. Heinz Berg, wies gegenüber PNN auf die Freiwilligkeit des Eintritts hin. Keiner der historisch kostümierten Kassierer dürfe die Besucher unter Druck setzen. Damit nahm er auch zu einer Aussage des Berliner Baustadtrats Klaus-Dieter Gröhler Stellung, der für Charlottenburg ein generell kostenloses Betreten gefordert und Rechtsbeschwerde gegen den Parkeintritt angedroht hatte.
Wo und wann die Touristen auf den Parkeintritt angesprochen werden, ist ungewiss. Die zehn Kräfte im Teilzeitjob werden nicht alle wichtigen Eingänge der drei Weltkulturerbeparks besetzen können und schon gar nicht kontinuierlich. Dies sei auch eine Kostenfrage, erklärt Berg. Über die Einsatzorte und -zeiten werde aktuell nach dem Besucheraufkommen entschieden. Bei dem Ganzen handele es sich um ein Pilotprojekt, nach dessen Auswertung eine dauerhafte Lösung getroffen werden soll. Die Träger der Stiftung, die Länder Brandenburg und Berlin, sprachen sich im Vorjahr gegen den Wunsch der „Schlossherren“, die einen verpflichtenden Parkeintritt befürworteten, aus.
Die neuen Mitarbeiter wurden übrigens nicht von der seit Jahresbeginn tätigen Servicegesellschaft Fridericus gesucht, sondern von der daran zu 49 Prozent beteiligte Dussmann AG. Sie warb Parkkassierer über Anzeigen. Als einzige Voraussetzung wurde den Bewerbern die Konfektionsgröße vorgegeben. Die Gewerkschaft ver.di hat darauf mit Spott reagiert. Sie brachte eine Karte in Umlauf, die die Anzeige neben einem Langen Kerl abbildet. Dazu heißt es: „Gardemaß ist nicht vonnöten / Löhne lassen uns erröten ... / Gute Leistung für den Kunden / Wenig Geld bei vielen Stunden ... Inzwischen ist auch eine Reihe anderer satirischer Blätter erschienen, die Dussmann angreifen und das Unternehmen als „falschen Partner“ der Stiftung bezeichnen.
Hintergrund ist der andauernde Streit zwischen ver.di und Fridericus über einen Haustarifvertrag, der den neu in die Servicegesellschaft eingestellten Mitarbeitern den gleichen Lohn sichert wie den aus der Stiftung übernommenen. Ein solcher Vertrag sei bei den Verhandlungen im Vorjahr zugesagt und Bedingung für die Zustimmung zur Bildung von Fridericus gewesen, erklärte ver.di-Gewerkschaftssekretär Manfred Loos. Nun werde er jedoch verweigert.
Das Thema wird auch auf der für nächsten Donnerstag angesetzten Personalversammlung der Stiftung eine Rolle spielen, sagte der Personalratsvorsitzende Heiko Neubecker. Er vertrete zwar nicht die Beschäftigten der neuen Servicegesellschaft, die bei der Stiftung angestellten Mitarbeiter hätten aber dennoch ein vitales Interesse an der Einhaltung der Zusagen. Damit stehe und falle auch für sie die Glaubwürdigkeit der Stiftungsleitung.
Erhart Hohenstein
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