Landeshauptstadt: „Friedenstruppen müssen auch kämpfen können“
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sprach gestern auf internationalem Militärhistoriker-Treffen
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Potsdam-West - Babylonisches Stimmengewirr im Kongresshotel am Luftschiffhafen: Deutsch, Englisch, Französisch, Schwedisch, Japanisch ist zu hören. Militärhistoriker aus 37 Ländern sind in dieser Woche zum 32. Kongress der Internationalen Kommission für Militärgeschichte der UNESCO nach Potsdam gekommen, um das Verhältnis von Staat und Militär zu diskutieren. Als gestern morgen dann Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) zur Eröffnung erschien, füllte sich der von Militärpolizei bewachte Saal in Windeseile. Der Minister habe nicht viel Zeit, hieß es. Es könne sogar sein, dass er wegen dem aktuellen Geschehen seine Rede unterbrechen müsse.
Musste er aber nicht. Er sprach er sehr schnell, verschluckte Wortsilben und krächzt mitunter sogar heiser. Doch kurz fassen wollte er sich nicht. Zu sehr schien ihm das Thema am Herzen zu liegen. Zumal gerade jetzt bei der Abstimmung des Nahost-Einsatzes der Bundeswehr deutlich werde, wie wichtig die Arbeit der Militärgeschichtler ist. Nach dem Ende des Kalten Krieges seien sicherheitspolitische Aufgabe ins Zentrum der Tätigkeit der Bundeswehr gerückt. Rund 7500 deutsche Soldaten würden derzeit im Ausland Frieden und Stabilität sichern. Jung zählte auf: Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Afghanistan, Dschibuti, Kongo, Sudan, Georgien , Äthiopien und Eritrea – die Liste der Einsatzländer ist lang. Hier müssten die Soldaten über Geschichte und Kultur der jeweiligen Kulturen Bescheid wissen, um sich angemessen zu verhalten und Vertrauen zu schaffen. „Von den Soldaten wird heute interkulturelle Kompetenz erwartet, dazu ist das Wissen über die Geschichte der Länder, in denen sie den Frieden sichern sollen, wichtig“, sagte Jung.
Aus nachvollziehbaren Gründen habe man in Deutschland ein schwieriges Verhältnis zur Tradition. „Wir können mit militärischen Traditionen nicht so unbefangen umgehen wie andere Nationen, wir müssen genauer hinsehen“, sagte der Minister mit Blick auf den Zivilisationsbruch des Nationalsozialismus. Um so wichtiger sei es, dass deutsche Soldaten heute die Werte des Grundgesetzes als ihre Werte verstehen. Gerade hier sei die Bildungsarbeit des Militärgesichtlichen Forschungsamtes Potsdam (MGFA), das die Tagung ausrichtet, von wesentlicher Bedeutung.
Verschweigen wollte Minister Jung aber auch nicht, dass deutsche Soldaten heute nicht nur als Helfer, Vermittler und Retter fungieren. „Sie müssen auch kämpfen können, um sich zu verteidigen, aber auch um beispielsweise den Waffenstillstand in Nahost zu sichern.“ Vorerst galt es aber erst einmal, dem Aufklärungsgeschwaders 51 „Immelmann“ bei Schleswig einen Besuch abzustatten. Und der Minister eilte von dannen. Jan Kixmüller
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