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Landeshauptstadt: Friedrich Wilhelms Sanssouci

Marmorpalais ist erstmals seit mehr als sechs Jahrzehnten wieder komplett zugänglich

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Mehr als sechs Jahrzehnte mussten vergehen, ehe das Marmorpalais im Neuen Garten wieder komplett erlebbar wird. Ab Karfreitag können die Besucher im Königsschloss Friedrich Wilhelms II., das er als „sein Sanssouci“ und klassizistischen Gegenentwurf zum Rokokoschloss seines Vorgängers Friedrich II. verstand, besichtigen. Nicht nur der bereits 1997 wiedereröffnete Hauptbau, sondern auch die erst Mitte des 19. Jahrhunderts ausgebauten und durch Ludwig Ferdinand Hesse ausgestatteten Seitenflügel sind dann zugänglich. 4,6 Millionen Euro hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in die Innenrestaurierung gesteckt, davon gut eine halbe Million Sponsorengelder.

Der Nordflügel, dessen Restaurierung 2004 abgeschlossen worden war, wurde völlig neu eingerichtet. Der kinderlose König Friedrich Wilhelm IV. hatte diese Räume ab 1850 seinen Neffen und Nichten als Sommerdomizil zur Verfügung gestellt. Danach lebten hier der spätere Kaiser Wilhelm II. und dann bis 1917 der letzte deutsche Kronprinz mit ihren Familien. Ihre Wohnwelt wird an Kunstwerken, Uhren und Möbeln dargestellt, zu einem erheblichen Teil in den Restaurierungswerkstätten der Stiftung aufgearbeitete Originale, aber auch zeitentsprechende Ersatzstücke. Einen besonderen Blickfang stellt ein von O. F. Berger 1800 aus Mahagoni angefertigter Schreibsekretär mit zahlreichen verborgenen Mechanismen und Geheimfächern dar. Sie werden dem Besucher durch eine Videoinstallation sichtbar gemacht.

Die Ausstellung im Südflügel wurde erweitert und ergänzt. Hier begegnet der Besucher Porträts des Bauherren Friedrich Wilhelm II., von seinen Geliebten, von Personen seiner Umgebung und der Zeitgeschichte.

Während des Eröffnungsrundgangs würdigten Generaldirektor Prof. Hartmut Dorgerloh und Dr. Burkhardt Göres, Direktor der Schlösser und Sammlungen, die Neueinrichtung der Seitenflügel als Gemeinschaftswerk der Stiftungsmitarbeiter. Ihr besonderer Dank galt den Kunsthistorikerinnen Dr. Franziska Windt und Dr. Kathrin Schöne, die die Ausstellungen konzipiert haben. Bemerkenswert das von der Marketingabteilung unter Dr. Tilmann von Stockhausen erarbeitete Besucherleitsystem, dessen filigrane Aufsteller detailliert über die Räume und die ausgestellten Kunstwerke informieren, ohne den Gesamteindruck zu beeinträchtigen.

Schließlich vergaß Dorgerloh den Dank an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Staatlichen Berliner Museen nicht. Sie haben nicht nur problemlos Skulpturen der Antikensammlung Friedrich Wilhelms II. als Dauerleihgaben an das Marmorpalais zurückgegeben, sondern auch zahlreiche Kunstgegenstände und Möbel aus dessen Königswohnung (den „Königskammern“) im vernichteten Berliner Stadtschloss zur Verfügung gestellt. Dazu zählen der Thronsessel des Königs und ein Marmorthron, den der Architekt Erdmannsdorff 1791 in Italien angekauft hatte. In die Räume wieder eingebaut wurden die restaurierten, prachtvollen Kamine.

Dennoch bleiben in der Ausstattung des Marmorpalais Lücken, verdeutlichte Dorgerloh. So fehlen die eigens für das Schloss angefertigten Kronleuchter, die höchstwahrscheinlich nach 1945 als Kriegsbeute in die Sowjetunion verbracht wurden. Bekanntlich war das 1787 bis 1793 durch Gontard errichtete und von Langhans ausgestattete Palais von 1945 bis 1954 von den Besatzern als Offizierskasino genutzt worden. Der Generaldirektor hofft, dass die Lüster in einem russischen Depot wieder entdeckt werden und vielleicht eines Tages an ihre Plätze im Marmorpalais zurückkehren.

Das Schloss ist ab 14. April täglich außer Montags von 10 - 17 Uhr geöffnet. Wegen des zu erwartenden starken Andrangs sind alle Räume bis auf weiteres museal (also auch ohne Führung) zugänglich.

Erhart Hohenstein

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