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Landeshauptstadt: Frontbegradigung auf Beelitzer Parkett

Knuth kontra Wardin beim Neujahrsempfang

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Beelitz – Wenn der Feind auf eigenes Gebiet vordringt und man ihn mit kleineren Angriffen bekämpft, heißt das im Militärjargon „Gegenstoß“. Das geht auch in der Politik: Worte werden zum Geschütz und treiben den Kontrahenten in die Enge, bis er den Rückzug antritt oder unterliegt. Wie das geht, bekamen die Soldaten des Beelitzer Logistikbataillons 172 sowie die zivilen Gäste beim Neujahrsempfang am Donnerstagabend vor Augen geführt.

Da hatte sich doch tatsächlich Alt-Bürgermeister Thomas Wardin aufs Parkett des Bundeswehrcasinos gewagt, nebst Lebensgefährtin und Sekt trinkend. Nicht ganz unerwartet, denn schon während seiner Amtszeit hielt er engen Kontakt zur Truppe. Warum also nicht der Einladung folgen und mit alten Bekannten plauschen? Nach der Schlacht ums Rathaus Anfang 2010 und dem Machtwechsel aber eine klare Grenzverletzung – so zumindest muss es sein Nachfolger Bernhard Knuth empfunden haben. Der Taktiker – hier in Frack statt Feldanzug – nutzte seine Neujahrsrede, um noch einmal mit Wardin abzurechnen. „Mit überwältigender Mehrheit wurden am 7. März die Weichen neu gestellt“, sagte er. Mit rhetorischem Geschick machte Knuth klar, wer hier für das alte und wer für das Neue steht, wer autokratisch geherrscht habe und wer die Demokratie „als höchstes Gut“ verteidige. „Für mich begann am 3. Mai ein neuer Lebensabschnitt, für manchen war das schmerzlich.“ Der Feind war isoliert.

Nun der Angriff: Mit dem Elf-Millionen-Euro-Etat für das vergangene Jahr habe sein Vorgänger ihm einen unrealistischen Haushalt hinterlassen, monierte Knuth. Die geplante Sanierung des Freibades für 3,5 Millionen wäre ein kostspieliges Abenteuer geworden. „Nur mit Hilfe von Anwälten haben wir es geschafft, aus den Verträgen auszusteigen.“ Wardin schüttelte heftig den Kopf und formte Widerworte. „Sie waren doch auch fürs Freibad“, wollte er wohl sagen. Aber ohne Mikrofon blieb die Gegenwehr wirkungslos.

Schließlich die Begradigung der Front: Im Rathaus herrsche heute Teamgeist, würden gemeinsame Entscheidungen getroffen werden. „Und die Projekte für das kommende Jahr sind so angelegt, dass sie den Standort stärken und die Wirtschaft davon profitiert“, kündigte Knuth an. „Zukunft kann man bauen, doch muss man dafür arbeiten.“ Und man müsse den Blick auch auf übermorgen richten.

Neben dem Anschauungsunterricht in Gefechtstaktik gab es auch noch andere Themen auf dem Neujahrsempfang: Knuth und der neue Kommandeur des Logistikbataillons, Boris Nannt, untermauerten die Partnerschaft von Bundeswehr und Kommune. „Sie sind Partner der Stadt und elementarer Bestandteil von Beelitz“, sagte der Bürgermeister. Diesen Eindruck teilte Oberstleutnant Nannt: „Die Kameraden werden hier nicht nur akzeptiert, sondern gehören zum Leben.“ Es gab auch drei Geburtstagskinder: Mit Elke Seidel, Kathrin Wiencek und Hartwig Frankenhäuser begingen insgesamt drei Stadtverordnete am gleichen Tag ihr Wiegenfest und ernteten Glückwünsche.

Das alles bekam Thomas Wardin kaum noch mit: Empört machte er sich auf in Richtung Garderobe. Im Mai war er als Bürgermeister gegangen, nun als Person des öffentlichen Lebens. Thomas Lähns

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