zum Hauptinhalt

Ananas aus Preußen: Fruchtige Delikatesse aus Potsdam

Mitte des 19. Jahrhunderts war Potsdam mit ein wichtiges Zentrum für den Ananas-Anbau in Preußen. Die Frucht wurde hier gezüchtet und vertrieben. Doch kaum einer konnte sie sich leisten.

Von Sarah Kugler

Stand:

Potsdam - Eingezuckert, in der Bowle, zu Pfannkuchen oder als ganze Frucht eingekocht – die Ananas war in Deutschland besonders im 19. Jahrhundert eine beliebte Delikatesse. Allerdings auch eine relativ kostspielige, wie Andreas Klose am Mittwoch in seinem Vortrag „Ananaszucht in Brandenburg“ erklärte. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Lunchpaket“, bei der die Stadt- und Landesbibliothek (SLB), die Volkshochschule (VHS) sowie die Wissenschaftsetage (WIS) immer am zweiten Mittwoch im Monat ein Mittagspausenprogramm inklusive Lunch anbietet, referierte er über die Geschichte des Ananas-Anbaus in Deutschland.

„Bereits in den 1550er-Jahren wurde die Ananas im eingezuckerten Zustand nach Europa transportiert“, so Klose, der hauptberuflich als Rechtsanwalt tätig ist und sich auch im Verein für Geschichte Schlesiens engagiert. „Der Transport von frischen Früchten war durch die lange Überfahrt einfach nicht möglich.“ Deswegen hat man bereits Ende des 16. Jahrhunderts versucht, ganze Ananaspflanzen anzubauen. Gelungen ist es aber erst 1633 in Holland. Der erste deutsche Anbau war wiederum erst 1700 möglich. „Und zwar – jetzt lachen Sie nicht – im Garten des Baron Münchhausen im Schloss Schwöbber bei Hameln“, so Klose. „Bis die Ananas in unsere Region kam, hat es dann aber noch eine ganze Weile gedauert.“

Ananas wuchs in Gewächshäusern in Potsdam

Denn der Anbau war nicht ganz einfach: Abgesehen von einer hohen Lufttemperatur benötigt die Ananas auch eine Bodentemperatur von 18 Grad und braucht selbst dann noch ein Jahr, um von der Blüte zur Frucht zu werden. Spezielle Gewächshäuser, die erst mit Pferdemist aufgefüllt, später mit Rohrsystemen versehen wurden, um die Wärme zu halten, ermöglichten schließlich erste Züchtungen in Sanssouci in der Mitte des 18. Jahrhunderts. „Friedrich II. ließ unter anderem dort Gewächshäuser bauen, wo sich heute die Gemäldegalerie befindet“, erklärte Klose. „Auch direkt beim Schloss befanden sich entsprechende Glashäuser, genauso wie auf dem Winzerberg.“ Anfang des 19. Jahrhunderts gab es solche Gewächshäuser auch im Schlosspark Klein Glienicke – die Ananas wurde zum teuren Prestigeobjekt.

Eine Frucht kostete laut dem Referenten neun Reichstaler – so viel wie ein gutes Reitpferd. Erst Ende des 18. Jahrhunderts sank der Preis auf einen Reichstaler, was immer noch nicht preiswert war. „Das konnten sich nur Fürsten oder reiche Kaufleute leisten“, so Klose. „Sie müssen sich auch vorstellen, dass die Ananas damals gerade mal so groß wie ein guter Apfel war.“

Während die Schlossgärtnereien nur für den Hof produzierten, etablierten sich Mitte des 18. Jahrhundert auch langsam Handelsgärtnereien. So etwa in Potsdam unter der Leitung von Joachim Ludwig Heydert. Er baute auf einem Grundstück hinter dem Nauener Tor (dort wo heute die Villa Heydert steht) Ananas an und verkaufte sie an Händler weiter. Auch nahe des heutigen Bahnhof Sanssouci bildete sich unter Hermann Friederich Luther Augustin eine solche Handelsgärtnerei, allerdings erst 1851.

Große Renner: Eingekochte Ananas, Bowle, Marzipan mit Ananas

Einer der berühmtesten europäischen Unternehmer, die ihr Geld mit dem Vertrieb von Ananasprodukten verdienten, saß ebenfalls in Potsdam. Johann Carl Lehman vertrieb ab 1840 einen Handel am Alten Markt 17 und war vor allem für seine eingekochte Ananas berühmt. Wie aus Anzeigen der Vossischen Zeitung hervorging, waren aber auch Ananasbowle, gefülltes Marzipan mit Ananas oder Ananaspfannkuchen große Renner. Selbst Ananaspommade als Haarwuchsmittel wurde vertrieben, bei der allerdings geschummelt wurde, wie Klose sagte. „Es wurde keine echte Frucht verwendet, sondern nur das Aroma.“

Ende des 19. Jahrhunderts nahm der Ananas-Anbau in Deutschland zunehmend ab, da es mithilfe von Eiseinlagerung nun auch gelang, frische Früchte aus der Karibik zu verschiffen. Die letzten Ananasgewächshäuser in Sanssouci wurden 1918 aufgegeben, wie Klose sagte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })