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Interview mit GFZ-Forscher: Frühe Warnungen haben in Chile Schlimmeres verhindert

Herr Oncken, am Mittwoch traf ein Erdbeben der Stärke 8,2 einen Teil der chilenischen Küste. Was ist bekannt über die Ursachen des Bebens?

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Herr Oncken, am Mittwoch traf ein Erdbeben der Stärke 8,2 einen Teil der chilenischen Küste. Was ist bekannt über die Ursachen des Bebens?

Das Erdbeben betrifft einen Teil von Chile, wo es zuletzt 1943 gebebt hat – übrigens fast genauso stark wie jetzt. Der Grund ist, dass die pazifische Erdplatte sich mit einer konstanten Geschwindigkeit von 68 Millimetern im Jahr unter Südamerika schiebt. Dabei verhaken sich diese beiden Platten immer wieder. Die Verhakungen lösen sich früher oder später, wenn die Belastung zu groß ist. Nach den ersten Daten ist das auf einer Länge von etwa 200 Kilometern passiert. Wahrscheinlich haben sich die Plattengrenzen ruckartig mehrere Meter verschoben – da können Sie sich vorstellen, wie es wackelt, und dass kein Stein auf dem anderen bleibt.

Nach den ersten Berichten scheinen sich die Schäden in der Bebenregion dennoch in Grenzen zu halten. Wie erklären Sie sich das?

Chile zählt zu den Ländern, die mit am besten auf Erdbeben vorbereitet sind. Als 1960 das bislang größte aufgezeichnete Beben mit einer Stärke von 9,5 den Süden des Landes verwüstete, hat Chile begonnen, ein sehr rigoroses System an Bauvorschriften zu entwickeln. Außerdem ist die Bevölkerung relativ gut ausgebildet, wie man sich verhält bei Erdbeben, bei Tsunamis. Das passiert zum Teil schon in den Schulen. Es gibt ausgeschilderte Tsunami-Fluchtwege und dergleichen. Damit verursachen die starken Beben, die Chile alle paar Jahre treffen, vergleichsweise wenig Schäden.

Wann ist die Tsunami-Gefahr in der Regel wieder gebannt?

Da eine Tsunamiwelle oft aus mehreren Wellen bestehen kann, oft auch mit Pausen dazwischen, muss man bei Chile mit seiner langen Küste mit einem Tag rechnen, bis das vorbei ist. Generell hat das ganz neu errichtete Tsunami-Frühwarnsystem sehr gut funktioniert: Unsere chilenischen Partner haben die gesamte Küste buchstäblich vermint – mit Messstationen alle 50 Kilometer. Das hat sie in den Stand versetzt, bei dem Beben relativ früh und belastbar eine Warnung herauszugeben.

Das Interview führte Gisela Gross

ZUR PERSON: Onno Oncken forscht am Geoforschungszentrum in Potsdam (GFZ) über Erdplattengrenzen. Er war zudem am Aufbau des Tsunami- Frühwarnsystems in Chile beteiligt.

Gisela Gross

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