Landeshauptstadt: Früher ging es schneller
Verkehrstisch träumt von der alten Stammbahn
Stand:
Auf einer zweigleisigen Strecke und mit 120 Kilometern pro Stunde – so soll die S-Bahn von Potsdam nach Berlin fahren. Was auf der Sitzung des Potsdamer Verkehrstisches am Montag wie Zukunftsmusik klang, war jedoch ein Blick in die Vergangenheit: In den 1930er Jahren gab es das schon einmal. Über die sogenannte Stammbahnstrecke war der Potsdamer Platz in Berlin dank weniger Haltepunkte nur zwölf Minuten vom Potsdamer Hauptbahnhof entfernt.
Am Verkehrstisch treffen sich monatlich interessierte Potsdamer mit Vertretern von Vereinen und Bürgerinitiativen. Das Gremium tauscht Informationen mit der Stadtverwaltung aus und gibt Stellungnahmen zur Verkehrsplanung in Potsdam ab. Derzeit beschäftigt sich der Verkehrstisch in zwei Arbeitsgruppen mit den Themen Bahnunterbrechung zwischen Wannsee und Charlottenburg, der fehlenden überregionalen Bahnanbindung der Stadt und der Entwicklung des Leipziger Dreiecks.
„Im Moment hat Potsdam den teuersten Regionalbahnhof Deutschlands“, sagte Benjamin Karl. Der angehende Eisenbahningenieur war als Vertreter des Bahnkundenverbandes (DBV) zum Verkehrstisch gekommen. Dass keine ICE-Züge in Potsdam halten, wäre zwar zu verschmerzen, weil diese eigentlich nur die großen Metropolregionen verbinden sollen. Aber dafür müsse dann eben die Anbindung an einen ICE-Bahnhof stimmen. Dafür stellte Karl verschiedene Möglichkeiten vor: Zum einen könnte ein Zugpaar des Intercity alle zwei Stunden nach Magdeburg fahren, was die Schnellfahrstrecke über Stendal entlasten würde. Zum anderen müsse die Verbindung nach Berlin verbessert werden.
Das regte die Fantasie der 15 Teilnehmer an: Neben der Aussicht auf einen 15-Minuten-Takt des Regionalexpresses 1 zum Berliner Hauptbahnhof nach Ende der Bauarbeiten im Grunewald sorgte das historische Beispiel der schnellen S-Bahn über die alte Stammbahnstrecke für Aufsehen. Diese führte von Griebnitzsee über Dreilinden, Kleinmachnow und Zehlendorf zum damaligen Potsdamer Bahnhof mitten in Berlin. „Das sind 21,9 Kilometer“, so Peter Wölfert, der seit gut zwei Jahren beim Verkehrstisch mitmacht. Allerdings sei die Finanzierung fraglich. „Wenn die Wirtschaftlichkeit berechnet wird, geht man immer von heute möglichen Nutzerzahlen aus“, so Karl. Dabei schneide die Strecke nicht gut ab. Da Potsdam aber wachse, könne sich das auch ändern.
Beim Thema Leipziger Dreieck mussten die Teilnehmer eine Enttäuschung hinnehmen: Sie hatten von der Stadtverwaltung einen Kreisverkehr gefordert. Dies wurde abgelehnt. Die Höhenunterschiede seien zu groß, um alle Straßen an einen Kreisverkehr anzubinden. Außerdem verfüge die Stadt nicht über die notwendigen Grundstücke, verlas Peter Wölfert eine Antwort der Stadtverwaltung. In seiner nächsten Sitzung will das Gremium über das kürzlich vorgelegte Verkehrskonzept der Stadtverwaltung diskutieren und dazu den Beigeordneten für Stadtentwicklung Matthias Klipp (Bündnisgrüne) einladen.Marco Zschieck
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: