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Virtuelle Bäume: Frühling per Mausklick

Die Potsdamer Firma Laubwerk produziert virtuelle Eichen, Robinien und Linden für digitale Architektur-Modelle. Durch die Nähe zur Babelsberger Filmbranche könnten die lebendig wirkenden Bäume bald auch im Kino zu sehen sein.

Von Katharina Wiechers

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Schon lange entstehen Modelle von geplanten Gebäuden oder Straßenzügen nicht mehr nur aus Pappe, Holz und Styropor. Stattdessen werden sie meistens am Computer erstellt – mit unterschiedlicher Qualität. Mal sind die digitalen Modelle realistisch wie Fotografien, mal fühlt sich der Betrachter an ein schlechtes Computerspiel aus dem vergangenen Jahrzehnt erinnert. Auch wenn es vielen nicht bewusst ist, liegt das oft auch an der mangelhaften Darstellung von Bäumen oder Wiesen. Dieses Problem will das Potsdamer Startup-Unternehmen Laubwerk lösen. Gegründet haben es der Landschaftsplaner Philip Paar und der Softwareentwickler Timm Dapper.

„Pflanzen darzustellen ist deutlich schwieriger als Gebäude“, erklärt der 42-jährige Paar. Im Gegensatz zu Häusern haben sie keine harten Kanten, kein klares Material und sind geometrisch sehr komplex. Hinzu kommt, dass alle Menschen jeden Tag Bäume und Wiesen sehen und deshalb genau wissen, wie diese „in Echt“ aussehen. Nicht nur eine zu ebenmäßige Borke, auch eine falsche Ausrichtung der Blätter kann eine Baumdarstellung sofort als computergeneriertes Produkt enttarnen. Blätter ordnen sich von Natur aus so an, dass sie möglichst wenig verdeckt werden und viel Licht abbekommen, erklärt Paar. Wird dies bei der virtuellen Darstellung nicht beachtet, sieht der Betrachter sofort, dass etwas nicht stimmt, auch wenn er nicht weiß, warum. „Das merkt man unterbewusst, auch ohne botanisches Wissen“, sagt der Landschaftsplaner.

Hochkomplexe Visualisierungen fressen aber viel Speicherplatz, weshalb Architekten oder Landschaftsplaner oft auf einfachere Darstellungen zurückgreifen. Die Erfahrung hat auch Softwareentwickler Dapper gemacht, als er vor einigen Jahren das erste mal mit der sogenannten digitalen Botanik zu tun hatte. „Da wurde mir klar, das man das besser machen kann“, sagt der heute 33-Jährige.

Drei Jahre lang entwickelten Dapper und Paar ein Produkt, das dieses Problem ihrer Ansicht nach löst: Bäume, die im Vordergrund stehen, werden detailreich dargestellt, jene im Hintergrund eher schemenhaft. Diese Flexibilität bei der Detailtreue spart Speicherplatz, wie Paar erklärt. Und noch einen Vorteil hat das Produkt von Laubwerk, betont er: die flüssige Bedienung. In Sekundenschnelle können die Benutzer Alter und Jahreszeit variieren, ein Prozess, der vor allem bei hochaufgelösten Produkten sonst oft nervenaufreibend lange dauert. Mit einem Klick wird so etwa aus einem hellgrünen Frühlingsbaum ein rotgefärbter Herbst- oder ein kahler Winterbaum. Zusätzlich gibt es von jedem Gewächs mehrere Exemplare. Das ist etwa bei Alleen wichtig, schließlich würde es auffallen, wenn alle Bäume exakt gleich aussehen. Derzeit hat Laubwerk erst ein sogenanntes Kit mit zehn Baumarten im Angebot: Eschen-Ahorn, Rot-Ahorn, Zucker-Ahorn, Rotdorn, Ginko, Japanische Blütenkirsche, Stiel-Eiche, Rot-Eiche, Kugelrobinie und Winter-Linde. 149 Euro kostet ein Set. Ein zweites ist in Arbeit, weitere in Planung. Langfristig wollen Paar und Dapper 100 Arten entwickeln. Dazu sollen auch tropische und subtropische gehören, damit Nachfragen aus Indien oder Brasilien bedient werden können. Doch noch ist das Zukunftsmusik, der Verkauf läuft gerade erst an. Interesse scheint es immerhin zu geben, schließlich wird das kostenlose Probe-Set auf www.laubwerk.com laut Paar rege heruntergeladen.

Er und sein Geschäftspartner hatten ihr Büro ursprünglich in Berlin, doch als sie den Zuschlag für die Förderung durch den Brandenburger Frühphasenfonds bekamen, mussten sie nach Potsdam umziehen. Dies bedeutet zwar tägliches Pendeln, doch die Nähe zur Filmbranche, die sie durch ihr Büro in der Medienstadt Babelsberg haben, hat durchaus Vorteile für die beiden. Schließlich wollen sie ihr Laubwerk bald auch im Film unterbringen. Denn künstlich aussehende Bäume will auch dort niemand sehen.

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