PRO & Contra: Führerschein ab 17 – soll das erlaubt werden?
Die Länderregierungen von Berlin und Brandenburg planen, dass Jugendliche bereits mit 17 Jahren den Führerschein erwerben und in Begleitung Erwachsener auch Auto fahren dürfen. Dass jungen Verkehrsteilnehmern diese Möglichkeit eingeräumt werden soll, ist keine Schnapsidee oder populistische Anbiederung an bald 18-jährige Wähler.
Stand:
Die Länderregierungen von Berlin und Brandenburg planen, dass Jugendliche bereits mit 17 Jahren den Führerschein erwerben und in Begleitung Erwachsener auch Auto fahren dürfen. Dass jungen Verkehrsteilnehmern diese Möglichkeit eingeräumt werden soll, ist keine Schnapsidee oder populistische Anbiederung an bald 18-jährige Wähler. Dahinter stehen handfeste Gründe und sehr gute Erfahrungen in anderen Bundesländern. Zunächst zu den Gründen: Bislang können junge Männer und Frauen ab 18 Jahren den Führerschein erwerben – und dann Gas geben. Das tun sie leider viel zu oft, obwohl sie nicht über die notwendigen Erfahrungen verfügen können. Das Ergebnis sind unter anderem die vielen tragischen Disko- Unfälle, bei denen jedes Jahr gerade in Brandenburg viele junge Menschen sterben. Unerfahrenheit und Selbstüberschätzung führen zu folgenschweren Fahrfehlern – sehr oft sind nicht einmal Alkohol oder Drogen im Spiel. Wenn junge Menschen ihre ersten wirklichen Erfahrungen hinter dem Lenkrad in Begleitung Erwachsener machen, kann davon ausgegangen werden, dass sie die notwendige Fahrroutine erreichen, um dann als Alleinfahrer besser bestehen zu können. Sicher gibt es noch ungeklärte Fragen, so zum Versicherungsschutz – doch das sollten lösbare Probleme sein. Zumal es erstmals wissenschaftliche Untersuchungen zum Führerschein mit 17 gibt. In Niedersachsen haben es seit 2004 über 20 000 17-jährige Fahranfänger ausprobiert. Das Ergebnis: 40 Prozent weniger selbst verschuldete Unfälle und 60 Prozent weniger Bußgelder bei den dann Erwachsenen. Allein diese Zahlen sprechen eindeutig für die Einführung des Führerscheins mit 17. Michael Erbach
Der Ehrlichkeit halber sollte zugegeben werden, dass es sich beim „begleiteten Fahren“ um eine neue Variante der Scheinselbstständigkeit handelt. Wenn der 17-jährige Sprössling nur dann mit dem Auto zum Training oder in die Disko fahren kann, wenn Mami oder Papi daneben sitzen, könnten die auch gleich selbst fahren – und ihre Nerven schonen.
Nun argumentiert mancher, das neue Modell sei eine gute Möglichkeit für Fahranfänger, mehr Sicherheit zu gewinnen. Vielbefahrene Straßen sind jedoch weiß Gott kein geeigneter Platz zum Üben. Schließlich gefährdet man damit potenziell andere Verkehrsteilnehmer. Darauf zu vertrauen, dass die Eltern im Ernstfall das Steuer herum reißen, ist leichtsinnig. Wer würde denn zur Verantwortung gezogen, wenn es schief geht: den unfähigen, aber minderjährigen Fahrer? Schwierig, denn man hat ihm erlaubt zu fahren und gleichzeitig die Verantwortung abgenommen. Oder haftet der Beifahrer? Noch schwieriger, denn wie das Wort Beifahrer schon sagt, handelt es sich um jemanden, der nur dabei ist. Außerdem hat ein ordentlich angeschnallter Beifahrer gar nicht den Bewegungsfreiraum, um eingreifen zu können. Man müsste ihn also – auf Kosten der Sicherheit – von der Anschnallpflicht entbinden, so wie die professionellen Fahrlehrer. Ungeklärt bleibt auch, was passiert, wenn die Reaktionszeit des Beifahrers über der zulässigen Sekunde liegt. Eine Hilfe wäre er dann definitiv nicht. Dass ein Reaktionstest nicht vorgesehen ist, kann man ihm nicht zum Vorwurf machen. Verwerflich aber ist Selbstüberschätzung – bei jung und alt. Wer Auto fahren möchte, muss dafür auch die volle Verantwortung übernehmen. Juliane Schoenherr
Michael Erbach
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: