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Landeshauptstadt: Fünf Songs für 40 Euro

Verbraucherzentrale sensibilisiert Schüler für das Kleingedruckte im Alltag

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Fühlen sich angehende Schulabgänger gut genug vorbereitet auf das bevorstehende Berufs- und Geschäftsleben? Die Meinungen der Jugendlichen gehen auseinander. „Ins kalte Wasser fallen wir nicht“, sagt der 16-jährige Patrick Willing von der Oberschule Wilhelmshorst. Seine Mitschülerin Nicole Schwarz ist da nicht so sicher: „In manchen Situationen würden wir ziemlich doof dastehen.“ Die zwei Stunden Arbeitslehre pro Woche würden nicht ausreichen, um sich im Dickicht der Versicherungen, Kaufverträge oder Sparkonten zurecht zu finden, meint die 15-Jährige. Schon als Minderjährige nehmen Schüler am Marktgeschehen teil, per Handy oder im Internet. Um sie auf Alltagsentscheidungen vorzubereiten, veranstaltete die Verbraucherzentrale Potsdam zum zweiten Mal einen Aktionstag mit einem Wissensparcours zu den Themen Handy, Internet, Fitness, Konto und Versicherungen. Beraten wurden die Schüler von der zehnten bis zur 13. Klasse von Mitarbeitern der Verbraucherzentrale, der Unabhängigen Patientenberatung, der Deutschen Rentenversicherung und von Studierenden der Universität Potsdam, die im Fachbereich „Arbeitslehre-Technik“ später selber unterrichten werden. „Viele Jugendliche wissen nicht, dass sie mit 18 Jahren voll geschäftsfähig sind“, sagt Sylvia Schönke. Die Leiterin der Verbraucherzentrale weiß, dass nicht alle Fragen an einem Tag geklärt werden können: „Uns geht es zunächst darum, dass die Schüler die Stichworte gehört haben und dann wissen, an wen sie sich wenden können.“ Insofern sei es auch sinnvoll, dass der Aktionstag in der Verbraucherzentrale und nicht in der Schule stattfinde.

„Wir wollen die jungen Leute für das Kleingedruckte sensibilisieren, das besonders im Internet schnell übersehen wird“, sagt Frank Falkenthal von der Uni Potsdam. Das Übersehen von Geschäftsbedingungen kann beim legalen Herunterladen von Musik, Filmen, Spielen oder Informationen teuer werden. Falkenthal führt auf dem Monitor ein realistisches Beispiel vor: Fünf Songs können 37,96 Euro kosten, wenn man dabei eine Mitgliedschaft für sieben Euro eingeht, 15 Euro für einen Webplayer und 3,99 Euro für jeden Song zahlt – der Kauf der Original-CD wäre in diesem Fall günstiger gewesen. Innerhalb von zwei Wochen könne man den online abgeschlossenen Vertrag zwar widerrufen, aber diese Zeit lassen unseriöse Anbieter oft verstreichen, bevor sie eine Rechnung zustellen. Frankenthal rät, auf jeden Fall die Verbraucherzentrale zu Rate zu ziehen, um im Einzelfall zu prüfen, ob die eingeschränkte Geschäftsfähigkeit des Jugendlichen angewendet werden kann. Die „Kostenfallen“ liegen immer noch hauptsächlich im Internet- und Handybereich. „Laut Schuldnerberatung hat jeder Schüler im Alter ab zehn Jahre sein eigenes Handy“, so Martina Roggenkamp von der Verbraucherzentrale, „und die Unternehmen werben geschickt mit angeblich kostenlosen Angeboten.“ Dass man aber mit einer „ Flatrate“ außerhalb des Fest- und eigenen Netzes die üblichen Gebühren zahlt, wird immer wieder übersehen. Ob die Aufklärungsarbeit der letzten Jahre etwas gebracht habe, ließe sich schwer sagen, meint Roggenkamp: „Hohe Rechnungen werden meist von den Eltern bezahlt und viele, die sich dadurch verschulden, kommen leider nicht zu uns“. Der Aktionstag soll auch dazu dienen, den jungen Menschen von vornherein die Hemmschwelle vor Beratungsstellen zu nehmen. Karsten Sawalski

Karsten Sawalski

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