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Schnelldiagnose gegen Krankenhauskeime. Sandra Friebel, medizinisch-technische Laborassistentin am Bergmann-Klinikum, demonstriert das neue MRSA-Schnelltestverfahren. Es ist seit 16. Juli am Klinikum im Einsatz.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Fünf Stunden statt drei Tage

Das Bergmann-Klinikum überprüft Patienten künftig mit einem neuen Schnelltest auf resistente Keime

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Innenstadt - Er gehört zu den sogenannten Krankenhauskeimen und ist resistent gegenüber gebräuchlichen Antibiotika: Der Methicillin-resistente Staphylococcus Aureus, kurz MRSA. Schätzungen gehen davon aus, dass 22 Prozent aller Deutschen diesen Keim im Nasen- oder Rachenraum tragen. Bei den meisten bleibt das unerkannt, aber auch harmlos. Gefährlich kann das Bakterium dagegen den Menschen werden, deren Immunsystem geschwächt ist: Dann können schon einfache Wundinfektionen tödlich enden. Experten rechnen mit deutschlandweit geschätzten 40 000 bis 50 000 MRSA-Infektionen und 1500 Todesfällen pro Jahr.

Das Ernst-von-Bergmann-Klinikum will den Kampf gegen MRSA jetzt mit einer neuen Schnelldiagnose optimieren. Die Überprüfung von Patienten, aber auch von Mitarbeitern, die mit Betroffenen in Kontakt gekommen sind, dauert damit künftig maximal fünf Stunden – statt früher bis zu drei Tagen. Die Details der neuen MRSA-Risikoüberprüfung erläuterten Professor Hubertus Wenisch, der ärztliche Direktor des Bergmann-Klinikums, und Klinikumschef Steffen Grebner am Donnerstag vor Journalisten.

Auch das Bergmann-Klinikum kann beim Thema MRSA derzeit nur mit Annäherungs-Zahlen arbeiten: Etwa 350 Patienten pro Jahr seien im Haus betroffen, sagte Hubertus Wenisch. Zu möglichen MRSA-Todesfällen am Klinikum will er sich nicht festlegen: Denn bei einer Infektion trete das Bakterium meist gemeinsam mit anderen Keimen auf. Und welches davon für den Tod verantwortlich ist, sei „schwer zu beurteilen“.

Bei allen MRSA-Betroffenen halte das Klinikum besondere Hygiene-Routinen ein, um die Weiterverbreitung zu verhindern. So sind die Patienten zum Beispiel in isolierten Zimmern untergebracht. Besucher müssen dann Schutzkittel, Haarschutz, Handschuhe und Mundschutz tragen, zudem ist eine regelmäßige Desinfektion der persönlichen Gegenstände vorgesehen. Auch auf die Abläufe im Klinikum wirkt sich das aus, erklärte Wenisch: So werden MRSA-Patienten in der Regel zuletzt operiert, da der Operationssaal durch die vorgeschriebene Desinfektion danach eine Zeit lang blockiert ist. Der Keim selbst werde etwa mit Nasensalben behandelt.

Mit dem neuen Testverfahren, das das Bergmann-Klinikum mit dem Pharmakonzern Roche Diagnostics Deutschland einrichtete, soll nun viel schneller abgeklärt werden, bei welchen Patienten die umfangreichen Hygienemaßnahmen nötig sind. Dafür wird bei allen Patienten, die in die zentrale Notaufnahme eingeliefert werden – pro Jahr 17 000 – zunächst eine Risikoabfrage gemacht. Ein erhöhtes MRSA-Risiko haben etwa Menschen, die bereits früher von MRSA besiedelt waren, Menschen, die längere Krankenhausaufenthalte hinter sich haben, aber auch Menschen, die in der landwirtschaftlichen Tiermast arbeiten.

Bei diesen Risikofällen wird sofort mit einer Art Ohrstäbchen ein Abstrich aus der Nasenschleimhaut genommen. Die Proben werden routinemäßig alle drei Stunden mit der neuen Technik im Zentrallabor untersucht. Das Ergebnis liege damit maximal fünf Stunden nach der Einlieferung vor.

Das Bergmann-Klinikum sei das erste Klinikum in der Region Berlin-Brandenburg, das die 2009 von Roche entwickelten Polymerase-Kettenreaktion-Tests (PCR) systematisch einsetzt, betonte Klinikumschef Grebner. Für die notwendige Ausrüstung seien 75 000 Euro investiert worden. Die Test selbst seien viermal so teuer wie das herkömmliche Verfahren mit mikrobiologischen Kulturen.

Klinikumsdirektor Hubertus Wenisch erhofft sich durch die neue Technik erstmals belastbare Zahlen zur Verbreitung des MRSA-Keims. Seit der Einführung am 16. Juli seien 173 Proben analysiert worden – drei davon waren MRSA-positiv. Wenisch rechnet damit, dass die Rate in den Wintermonaten höher ist. Eine erste Evaluation ist nach sechs Monaten geplant.

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