SAUNA, STRAND, SOLARIUM: Potsdamer Sommerorte – eine Spurensuche: Für den Bikini in die Kälte
Shoppen ohne Schweißausbruch im Stern-Center – oder heiße Schnäppchenjagd nach kurzer Hochsommermode in der City
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SAUNA, STRAND, SOLARIUM: Potsdamer Sommerorte – eine SpurensucheShoppen ohne Schweißausbruch im Stern-Center – oder heiße Schnäppchenjagd nach kurzer Hochsommermode in der City Von Sabine Schicketanz Dreiundzwanzigtausend Menschen finden ihn täglich, den größten gut gekühlten Ort Potsdams. Manchmal noch mit dem Bikini-Oberteil unterm T-Shirt, oft mit Badelatschen an den Füßen, schlendern sie durch die Gänge, über frisch gewischten Boden, atmen die klimatisierte Luft. Auf einer kleinen Bank, über sich Palmen, sitzen zwei Damen und plaudern angeregt. Mütter und Väter ziehen ihre Kinder zu den eigens zum Schulanfang aufgebauten Ständen mit Blöcken, Heften, Stiften. „Es hat sich herumgesprochen, dass es bei uns kühl ist“, sagt Johannes Nyhof. Er ist der Chef des Stern-Centers, in dem selbst beim jüngsten besten Badewetter täglich zwischen 20 000 und 23 000 Besucher gezählt werden. Vor allem die Potsdamer, die in der Nähe wohnen, kommen wie im letzten Jahrhundertsommer regelmäßig, um sich ein wenig Abkühlung zu verschaffen. In diesem Jahr allerdings machen sich die sommerlichen Wetterkapriolen – erst Regen und Kälte, dann Sonne und Hitze – doch bemerkbar: Normalerweise kommen sogar rund 30 000 Menschen täglich ins Stern-Center. „Es ist ein bisschen ruhiger“, sagt Nyhof. Schließlich hätten vor allem die Schulkinder von ihren sechs Ferienwochen vier schlechtes Wetter gehabt. „Letztes Jahr war es zehn Wochen lang heiß, das wurde zur Normalität, da sind die Leute auch wieder einkaufen gegangen.“ Einen Vorteil hatte der plötzliche Sommereinbruch für die Händler – nicht allein die im Stern-Center – aber doch. Der inoffizielle Sommerschlussverkauf lief zumindest zufriedenstellend, nachdem in den Wochen davor die kurzen Hosen, Tops, Röcke und Bademode meist hängen geblieben seien, sagt Anita Berner, Geschäftsführerin des Einzelhandelsverbands Bezirk Mittelbrandenburg mit Sitz in Potsdam. „Badebekleidung ist letzte Woche richtig gut gegangen, dazu Hochsommerliches wie Damen-Tops und kurze Herrenhemden.“ Allerdings sei die Hitze wie auch starker Regen grundsätzlich nicht das beste Geschäftswetter: „Man sieht es in der Innenstadt“, so Berner, „die Kunden sind zwar da“, aber zum Einkaufen sei es manchen einfach zu warm. Viele schauten, ob die Geschäfte eine Klimaanlage hätten, „und manch einer scheut das Anprobieren“. Deshalb hätten die Einzelhändler im freiwilligen Schlussverkauf nicht die Umsätze des vergangenen Jahres erreicht. Dieser Sommer sei eben ein „Wechselbad der Gefühle“, meint Karin Genrich, die in drei Boutiquen in der Brandenburger Straße, in Babelsberg und im Stern-Center ihre Mode anbietet. Acht von zehn exklusiven Herbstmänteln habe sie schon verkauft, aber Sommerkleider und Tops gingen ebenfalls immer noch über die Theke. „Wir haben unheimlich viele Frauen glücklich gemacht“, sagt Genrich, die auch Vizepräsidentin der Einzelhändler ist. Schließlich seien in ihren Geschäften die Sommer-Renner noch nicht ausverkauft: Farbige Oberteile und weiße Leinen-Kleider. Modisch sei allerdings „alles erlaubt“, Hauptsache es schützt gegen die Sonne, klebe nicht an der Haut und bestehe den kritischen Blick in den Spiegel. Nur lächelnd in den Spiegel gucken wird dagegen dieser Tage einer, der gewissermaßen der lebendige Beweis dafür ist, dass auch im klimatisierten Stern-Center der Sommer lebt: Salvatore Di Mercurio, temperamentvoller Sizilianer und frisch gekürter Besitzer des „Service-Star“-Pokals, den das Center neuerdings für „besondere Freundlichkeit“ vergibt. Welcher Mitarbeiter ihn bekommen soll, wählen die Einkäufer per Tippschein mit Gewinnchance, und Di Mercurio hat im Juli die meisten von ihnen überzeugt. Er füllt die Eistüten im Café „Fantasia del Gelato“, und das tut er selbst dann mit sommerlichstem Gemüt, wenn es draußen im Strömen regnet – und trotz der gleichbleibend kühlen Temperatur in dem Einkaufstempel. Eine Leistung, die honoriert werden muss. Schon allein, weil Sizilianer und Klimaanlagen gewöhnlich eigentlich gar nicht gut zusammenpassen.
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