
© M. Thomas
Landeshauptstadt: Für den Herbst des Lebens
Der neue Potsdamer Verein „denk dran“ will ältere Menschen dabei unterstützen, sich einen Überblick über die Hilfsangebote zu verschaffen
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Ein Baum mit Herbstlaub ziert den Flyer. Herrliche Rottöne, wie man sie in jedem Jahreslauf aufs Neue bewundern kann, sind zu sehen. Aber dem Betrachter wird schnell klar: Die Form der Baumkrone ist kein Zufall, sondern mit Bedacht gewählt, denn die Silhouette des blattreichen Gebildes gleicht einem menschlichen Kopf: Kinn, Nase, Augenhöhle, Stirn – alles ist irgendwie zu sehen. Doch genau dort, wo sich im Schädel das Gehirn befindet, ist die Pracht des Herbstlaubs nahezu verschwunden. Die letzten Blätter wehen gerade fort und geben den Blick auf die fast kahlen Zweige frei.
Mit diesem Sinnbild für die Vergänglichkeit des Lebens und das im höheren Alter häufig einsetzende Nachlassen der geistigen Fähigkeiten will der gerade in Gründung befindliche Potsdamer Verein „denk dran“ auf sein Anliegen aufmerksam machen: „Wie können wir mit Demenz in Würde altern?“ Dies ist die zentrale Frage, der sich der Verein in Zukunft widmen möchte. „Wir wollen den Angehörigen von Demenzerkrankten eine Möglichkeit schaffen, leicht einen Überblick über die Vielfalt von alternativen Heil- und Unterstützungsangeboten zu bekommen“, sagte Vereins-Gründungsmitglied Stefanie Demmler auf der ersten öffentlichen Veranstaltung des Vereins am Karsamstag im Seniorenheim Bürgerstift in der Berliner Vorstadt.
Zentrales Angebot des Vereins soll künftig eine Onlineplattform sein, über die ältere Menschen und ihre Angehörigen Hilfsangebote für ihre jeweilige Lebenssituation erhalten können. „Viele ältere Menschen sind einfach so was von alleine in ihrem Zuhause“, sagte Christine Döring, Initiatorin von „denk dran“. Es hätten sich bereits Yogalehrer, Heilpraktiker und Künstler gemeldet, um künftig über den Verein ihre Hilfe anzubieten, berichtete Döring, die selbst ausgebildete Krankenschwester ist und derzeit als Schauspielerin und Yogalehrerin arbeitet. Doch ebenso wichtig wie die Vermittlung entgeltlicher Dienstleistungen ist den Initiatoren des Vereins die Unterstützung ehrenamtlichen Engagements. So wolle man über die Onlineplattform in Zukunft Nachbarschaftshilfe erleichtern, erklärte Mitinitiatorin Demmler. Die Onlineplattform soll noch in diesem Jahr von Studenten der Freien Universität Berlin entwickelt werden.
Entstanden ist die Idee für den Verein vor einiger Zeit bei Demmler zu Hause. Ihr mittlerweile verstorbener Vater sei damals von einem ambulanten Pflegedienst betreut worden, so die 44-Jährige. Und in jener Pflegestation arbeitete Christine Döring, die im Rahmen ihrer Arbeit auch Demmlers Vater zu versorgen hatte. Dabei seien die beiden Frauen über die Pflegeproblematik ins Gespräch gekommen. Irgendwann war die Idee für den Verein geboren, der nach eigenen Angaben momentan ungefähr 15 aktive Unterstützer hat und dessen juristische Gründungsphase bald abgeschlossen sein soll.
Die Idee der Initiatoren geht über die Vermittlung individueller Hilfsangebote noch hinaus. Man wolle mit dafür sorgen, dass das Tabu Demenz aufgebrochen werde, sagte Demmler. Auch in Schulen möchte der Verein künftig für ein Miteinander von Alt und Jung werben, erklärte Döring. Momentan werde „denk dran“ nur von ehrenamtlicher Arbeit und Sponsorengeld bestritten. Künftig wolle man Fördermittel akquirieren sowie jemanden einstellen, um die Vereinstätigkeit professionell voranbringen zu können, so Döring. Holger Catenhusen
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