Links und rechts der Langen Brücke: Für die Allgemeinheit?
Sabine Schicketanz über die jüngsten Entscheidungen der Potsdamer Stadtverordneten – und ihre Legitimation
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Potsdams CDU-Kreischef Wieland Niekisch hat gestern eine kuriose Pressemitteilung in die Redaktionen gefaxt. Die Potsdamer Stadtverordneten, meint Niekisch darin, würden sich „zum Teil intolerant und anmaßend“ in die Kompetenzen des Landtags und der Landesregierung einmischen. Als Beispiele dafür nennt Niekisch – selbst Landtagsabgeordneter – die Themen Landtagsneubau auf dem Alten Markt, Leistungs- und Begabungsklassen und das katholische Jungengymnasium, das eine Opus-Dei-nahe Initiative in Potsdam plant. Beim Landtagsneubau hätten die Stadtverordneten „in überzogener Weise“ blockiert, gegen die von vielen Eltern gewollten Leistungs- und Begabungsklassen hätten sie sich über Wochen gewehrt und beim katholischen Jungengymnasium hätten sie gar nichts zu bestimmen – da sei das Bildungsministerium zuständig. Abgesehen davon, dass Niekisch für seine Argumentation Themen ausgesucht hat, die von der CDU befürwortet, aber nicht gänzlich durchgesetzt werden konnten, macht sein Pressetext doch nachdenklich. Worüber entscheiden die Potsdamer Stadtverordneten eigentlich – und in wessen Namen? Das mag man sich besonders nach der jüngsten Stadtverordnetenversammlung fragen. Dort standen die Leistungs- und Begabungsklassen und das katholische Jungengymnasium auf der Tagesordnung – und das entgegen der Meinung von Wieland Niekisch zu recht. Denn ob die Stadt ein Jungengymnasium will oder nicht, darf und muss die Mehrheit der gewählten Bürgervetreter durchaus signalisieren. Und bei den Leistungsklassen hatte das Ministerium den Kommunen sogar offiziell die Entscheidung darüber überlassen, an welchen Schulen die Klassen eingerichtet werden. Die Stadtverordneten definierten insofern nur, in welchem Maße die Bildungspolitik des Landes in Potsdam umgesetzt wird. Ein wesentlicher Faktor dabei war allerdings der viel zitierte Elternwille: Denn Eltern hatten ihre Kinder bereits für die Klassen angemeldet, obwohl sie noch nicht offiziell waren. Dem beugten sich die Stadtverordneten – auch wenn einige mit dieser Bildungspolitik gar nicht einverstanden waren. Ähnliches geschah im Falle der Denkmalbereichssatzung für das Dorf Kartzow. Die dortigen Bürger wehrten sich immens gegen die Satzung, die ihnen nach Meinung nahezu aller aber unter keinen Umständen geschadet hätte. Wessen Interessen haben die Stadtverordneten nun mit diesen Entscheidungen Rechnung getragen? Eher nicht der Potsdamer Allgemeinheit – in deren Interesse zunächst intakte staatliche Grundschulen und dann Begabungsklassen sind, die sich freut über einen Erhalt der Kartzower Denkmale – sondern den einzelnen betroffenen Wählern.
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