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Landeshauptstadt: Für die Häuser auf die Straße

Drei junge Potsdamer organisieren den morgigen Protestzug gegen die Jugendpolitik der Stadt

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Patrick Hinz, Clemens Porikys und Benjamin Bauer haben schlechte Laune. Die drei jungen Leute stehen an den bunt besprühten Wänden des Fischhauses in der Schiffbauergasse und blicken auf die neue Metallbühne vor dem Waschhaus, mitten im tristen Schirrhof-Areal. „Hier ist alles verloren gegangen, was das Gelände ausgemacht hat. Das ist ein glatt geleckter, steriler Ort geworden“, sagt Clemens. Auch dagegen will er protestieren.

Der 23-Jährige und seine zwei Mitstreiter gehören zu den Hauptorganisatoren der Demonstration, die sie am morgigen Freitag ab 17 Uhr für den Erhalt von Lindenpark und Waschhaus organisiert haben. Die beiden Kulturhäuser stehen wegen Finanzproblemen vor dem Aus. Doch wenn Patrick, Clemens und Benjamin über ihr Vorhaben reden, ist schnell zu merken, dass es ihnen mit der Demo in der Innenstadt um mehr geht: Es soll auch ein Protestzug gegen eine Jugendpolitik sein, die aus Sicht von Patrick den „kulturellen Reichtum der Stadt verspielt.“ Nach dem Ende des Spartacus im Frühjahr habe ihn schon die angekündigte Lindenpark-Insolvenz „sehr geärgert“. Einige Tage später habe dann das Waschhaus seinen Antrag auf Zahlungsunfähigkeit vermeldet

Eine halbe Stunde später reichte es Patrick: Der 21-Jährige gründete im Internetportal StudiVZ die Gruppe „Lindenpark und Waschhaus müssen bleiben!“. Nach rund zwei Wochen hat die virtuelle Gemeinschaft mehr als 1000 Mitglieder, mit mindestens 400 Teilnehmern wird bei der Demo gerechnet, die am Lustgarten beginnt. Das etwas sperrige Motto des Tages: „Kultur kostet Geld – Für den Erhalt kultureller Einrichtungen“. Patrick selber hat „trotz des Risikos“ die Demo selbst angemeldet, die Politik will er raus halten: „Wir wollen zeigen, dass sich Potsdams Jugend selbst organisieren kann.“

Es gibt viel, dass Patrick, Clemens und Benjamin am aktuellen Potsdam nervt. Jugendklubs, etwa in der Waldstadt, hätten nach dem Abbau von Jobs nun keine Kraft mehr, der rechten Szene vor Ort zu begegnen, erzählt Benjamin. Auch ist er als HipHop-Fan deswegen in Rage, weil er kaum noch eine Party für seinen Geschmack findet, die gleichzeitig auch bezahlbar wäre. Patrick seinerseits fürchtet, dass wenn Waschhaus und Lindenpark wegfallen, solche Nachwuchsbandwettbewerbe wie der alljährliche Saturday Fight Club sterben: „Dabei sind solche Auftritte für junge Menschen wichtige Erfahrungen für die eigene Persönlichkeit.“ Danach ist wieder Benjamin dran: Noch immer ärgern ihn die ersatzlos weggerissenen Wände in der Schiffbauergasse, an denen sich früher Sprayer legal ausprobieren konnten. Und sowieso können sich die drei jungen Leute nicht wirklich über das so aufwendig umgestaltete Kulturareal in der Berliner Vorstadt freuen. „Wenn hier am Freitag zur Eröffnung schon Matthias Reim auf dem Hof spielt, ist doch klar, wie die künftige Zielgruppe aussehen soll“, sagt Clemens.

So sind die Forderungen für den morgigen Tag klar: Ein besseres Konzept für eine möglichst breite Jugendkultur. Und mehr Geld dafür. Denn Finanzen seien oft genug dann doch da, sagen Patrick, Clemens und Benjamin – und erinnern zum Beispiel an die Millionen Euro für das nicht gebaute Niemeyer-Bad. Clemens ist sich sicher: „Mit diesem Geld hätten alle bedrohten Häuser keine Schulden mehr.“

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