Landeshauptstadt: Für mehr Lohn
Mehrere Hundert Handelsmitarbeiter streikten am Samstag auf dem Platz der Einheit
Stand:
Innenstadt - Voll war es am Samstagvormittag auf dem Platz vor und neben dem Bildungsforum. Etwa 330 Einzelhandelsmitarbeiter aus Potsdam und dem Umland versammelten sich dort zum gemeinsamen Warnstreik, um auf die Missstände bei den aktuellen Tarifverhandlungen aufmerksam zu machen und den Druck auf die Arbeitgeber zu erhöhen. Vertreten waren unter anderem Real, Rewe, Netto, H&M und Kaufland.
Ausgangssituation ist die immer noch niedrigere Bezahlung in Ost-Berlin und Brandenburg im Vergleich zu den alten Bundesländern. „Die Angleichung sollen die Arbeitnehmer quasi selber übernehmen“, sagte Uwe Diedrich, Verdi-Sekretär für den Bezirk Potsdam. So bieten die Arbeitgeber zwar fünf Prozent mehr Urlaubsgeld und zehn Prozent mehr Weihnachtsgeld, fordern dafür aber eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten und einen niedrigeren Lohn für die Warenverräumer. „Im Klartext bedeutet das, dass die beiden freien Samstage sowie die Schichtenplanung für drei Wochen im Voraus wegfallen“, so Diedrich. „Das heißt dann noch weniger Zeit für die Familie und quasi auf Abruf bereitstehen.“ Für die Mitarbeiter in der Warenverräumung, die bisher etwa 9,40 Euro pro Stunde verdienen, würde die Umstellung auf den Niedriglohn (unter neun Euro pro Stunde) einen Verdienstverlust bis zu zwei Euro die Stunde bedeuten. Zusätzlich soll die bisherige Kassenzulage wegfallen. Mitarbeiter, die bisher regelmäßig an der Kasse arbeiten, bekommen eine Zulage in der Höhe von drei Prozent. Fällt diese weg, bedeutet das laut Diedrich bis zu 300 Euro weniger im Monat. „Wir sind sehr erbost über die Vorschläge“, sagte er. „Die ohnehin nicht gute Bezahlung wird noch schlechter und das kann einfach nicht sein.“
Das Angebot von Verdi, die Erhöhung des Urlaubs-und Weihnachtsgeldes in einem Stufenplan zu realisieren, wurde von den Arbeitgebern abgelehnt. Auch der Vorschlag, den Manteltarifvertrag wieder in Kraft treten zu lassen, stieß auf taube Ohren.
Durch Streiks kam es bislang unter anderem schon in Teltow und Oranienburg zu Ausfall in den Märkten. In Potsdam machte sich der Streik am Samstag jedoch kaum bemerkbar. Zwar waren Mitarbeiter aus der H&M-Filiale im Stern-Center anwesend, Kollegen aus den beiden Kaufland-Filialen suchte man jedoch vergebens. „Kaufland Potsdam wurde von uns aus taktischen Gründen diesmal noch nicht zum Streik aufgerufen“, so Diedrich. Insgesamt sei es auch schwierig, viele Mitarbeiter zu motivieren, da von Arbeitgeberseite eine Streikbrecherprämie in Höhe von 100 Euro angeboten werde. „Da die Kollegen ohnehin am Hungertuch nagen, freuen sie sich eher über jede Überstunde, als sich auf die Straße zu stellen und von Verdi ein Streikgeld von 60 Prozent ihres Lohns zu bekommen“, so ein Gewerkschafter. Viele seiner Kollegen müssten sich mit Nebenjobs über Wasser halten, da sie keine Vollzeitstelle bekämen.
„Deswegen sind wir heute hier und wollen den Druck erhöhen“, sagte Erika Ritter, Fachbereichsleiterin im Handel Berlin-Brandenburg. „Die Brandenburger dürfen nicht einfach so abgespeist werden.“ Sarah Kugler
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: