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Landeshauptstadt: Für Staudenhof-Abriss

Brands: Genossenschaften sollen Mitte mitbauen

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Die Fronten sind klar: Die Bewohner des Hauses Alter Markt 10 möchten, dass ihre Wohnungen und damit auch die preiswerten Mieten erhalten bleiben. Die Verfechter einer Annäherung an den alten Stadtgrundriss sehen es als störend an und fordern den Abriss. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Eine Machbarkeitsstudie soll den Ausschlag geben. Für Fachhochschul-Architekturprofessor Ludger Brands ist allerdings klar, dass der gesamte Staudenhof und damit auch das Wohnhaus Alter Markt 10 einer Neustrukturierung des Wohnquartiers weichen muss. Es sei nicht berechnet, was die Sanierung des Hauses koste, das baulich in schlechtem Zustand sei. Eine Sanierung würde die Mieten erheblich verteuern.

Am Sonntagvormittag legte Brands im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte sein Verständnis von urbaner Stadtgestaltung dar und vertrat die These, dass Architektur in der DDR „Zerstörung durch Planung“ gewesen sei. Der Staudenhof habe nie eine Platzqualität gehabt. Ihm fehle die Sichtverbindung zum Alten Markt, zur Nikolaikirche und schließlich auch die zum Straßenraum. Diese Platzqualität hat für Brands eindeutig nur der Alte Markt. Künftig müsse man ihn aber so bespielen, dass er nach Ende des Baugeschehens ein Anziehungspunkt für Potsdamer und Touristen werde. Kunstwerke des Staudenhofs könne man retten und sie an anderen Orten aufstellen.

Es dürfe keine Frage der Moral, des politischen oder des ökonomischen Kalküls sein, sagte er, wie die alte Stadtmitte wieder aufgebaut wird. Von einem Zuhörer auf die Verneinung der Moral angesprochen, erklärte Brands, für ihn sei allein die architektonische Qualität ausschlaggebend, nicht das Befürworten liebgewordener Gewohnheiten. Er plädiere für eine anspruchsvolle räumliche Fassung des Areals. Anhand von eigenen und studentischen Entwürfen zeigte er, wie das aussehen kann. Ihm komme es dabei auf eine sinnvolle Übersetzung der Geschichts- Vorgaben in moderne Architektur an. Das Leitbautenkonzept begrüßte er, doch sollten die historischen Fassaden seiner Ansicht nach die Ausnahme bleiben. Bei einer Neubebauung könne auch preiswertes Wohnen entstehen, etwa wenn einer Genossenschaft der Aufbau eines ganzen Quartiers übertragen werde.

Die Frage, ob das Gebäude der Fachhochschule erhalten werden könne, verneinte er ebenfalls. Ein solcher Gebäudeklotz würde niemals, selbst wenn er saniert und umfunktioniert werde, das Quartier beleben. Das schaffe nur eine kleinteilige Bebauung mit Wohn- und Geschäftshäusern. Das könne ganz unterschiedlich geschehen und müsse praktischen Erfordernissen Rechnung tragen. Dem Einwurf, dass es sich bei der nachahmenswerten Baukunst in Potsdams Stadtmitte immer nur um das 17./18. Jahrhundert handele, widersprach er. Ihm gehe es um 300 Jahre Baugeschichte, betonte Brands. Das Bauen in der Nachkriegszeit sei jedoch keinesfalls stadtbildprägende Baukunst. Als schlechtes Beispiel nannte er die Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Am Kanal. Das inzwischen abgerissene „Haus des Reisens“ beweise allein mit einer fensterlosen Fassade zum Straßenraum hin, dass es sich hier nicht um gelungene Architektur gehandelt habe. Brands zeigte einen eigenen Architekturvorschlag, der den Kontext der Nachbarhäuser aufnimmt und trotzdem das vom Bauherrn geforderte zusätzliche Geschoss aufweist. Den Vorwurf, es werde künftig in der City zu wenig Parkplätze geben, konterte Brands: „Dafür, dass jeder sein Auto vor die Tür stellen kann, sind alte Städte nicht gemacht, und machten wir sie dazu, wollte womöglich keiner mehr drin wohnen.“ H. Dittfeld

H. Dittfeld

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