
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Für Wohnungen und Schnaps
Auf dem Alten Markt wurde der 8. Potsdamer Genossenschaftstag gefeiert. Wer genossenschaftlich wohnen will, braucht Geduld
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Eine überraschende Nachricht hatte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) für die Besucher des 8. Genossenschaftstags am Samstag parat: Ja, auch er sei Mitglied einer Genossenschaft. Doch dabei handele es sich nicht um eine der allseits bekannten Gesellschaften, über die man eine Wohnung erhalten könne. Vielmehr sei er Mitglied einer Brauereigenossenschaft, bekundete Jakobs. Denn: In seinem Garten in der Kolonie Alexandrowka reife jedes Jahr sehr viel Obst heran. Ein Teil davon werde in einer Brauerei zu Hochprozentigem verarbeitet.
Doch der Oberbürgermeister war natürlich nicht zum Genossenschaftstag auf den Alten Markt gekommen, um auf das Wohl von Brauereigenossenschaften anzustoßen. Vielmehr stand das Engagement von Genossenschaften als einer der tragenden Säulen des Wohnungsmarktes im Vordergrund. In einer wachsenden Stadt wie Potsdam habe der Zuzug von Menschen eine „nicht unerhebliche Auswirkung“ auf die Mietpreise, so Jakobs. Sie steigen wie berichtet kontinuierlich. Genossenschaften sorgten für eine gewisse Preisstabilität, erklärte der Oberbürgermeister.
Nach Auskunft von Carsten Hagenau, Koordinator des Arbeitskreises Stadtspuren, liegt das Mietpreisniveau der Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaften bei Neuvermietungen erheblich unter dem stadtweiten Durchschnitt. Während hier insgesamt im Schnitt eine Nettokaltmiete von 7,19 Euro je Quadratmeter zu zahlen sei, müssten Neumieter bei den Genossenschaften derzeit mit durchschnittlich 5,17 Euro rechnen, so Hagenau.
Da versteht es sich von selbst, dass dieses genossenschaftliche Mietpreisparadies in Zeiten, in denen in Potsdam immer häufiger zweistellige Kaltmieten aufgerufen werden, unter Wohnungsinteressenten heiß begehrt ist. Nach Angaben von Klaus-Dieter Zeh, geschäftsführender Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft „Daheim“, müssten Anwärter auf eine Zweiraumwohnung in seiner im Jahre 1894 gegründeten Genossenschaft schon mal zwei bis drei Jahre warten. Wer schließlich ein Domizil in der mit 182 Wohnungen kleinsten und zugleich ältesten Potsdamer Genossenschaft ergattert hat, kann sich glücklich schätzen: Der Mietpreis bei Neuvermietungen betrage 5,40 Euro kalt, so Zeh. Noch glücklicher kann sich indes fühlen, wer in den Genossenschaftshäusern zwischen Nuthe und Heinrich-Mann-Allee eine Dreiraumwohnung bekommt. Hier lasse sich die Wartezeit im Grunde überhaupt nicht vorhersagen. Acht bis zehn Jahre könnten durchaus vergehen, so Zeh.
Wolfgang Schroeder, Staatssekretär im Brandenburger Sozialministerium, lobte am Samstag auf dem Genossenschaftstag die soziale Funktion von Genossenschaften. Ihnen gehe es „nicht um den Markt, sondern um den Menschen“, so Schroeder. Zudem habe keine andere Unternehmensform ein geringeres Insolvenzrisiko. In Potsdam gebe es 16 500 Genossenschaftswohnungen. Das sei ein Fünftel des gesamten Mietwohnungsbestandes in der brandenburgischen Landeshauptstadt, so Schroeder.
Maren Kern vom Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen bezeichnete die Wohnungsgenossenschaften gar als „unverzichtbaren Bestandteil“ der Wohnungsversorgung. Kern erinnerte daran, dass die Vereinten Nationen das Jahr 2012 als „Internationales Jahr der Genossenschaften“ ausgerufen haben. Den lokalen Mietpreisproblemen in Potsdam könne allerdings nachhaltig nur mit Wohnungsneubau begegnet werden, so Kern. Sie sprach sich dafür aus, in der brandenburgischen Landeshauptstadt weitere innerstädtische Bauflächen auszuweisen.
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