Landeshauptstadt: Fürs „Archiv“ wird’s eng
Finanzlücke für Sanierung bisher nicht geschlossen / Stadtverordnete kritisieren Auskünfte der Verwaltung
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Templiner Vorstadt - Es wird eng für das alternative Kulturzentrum „Archiv“ an der Leipziger Straße: Wenn nicht sichergestellt ist, dass alle Brandschutzauflagen umgesetzt und bezahlt werden können, werde die Bauaufsicht die Betriebsgenehmigung für das „Archiv“ nicht über den 31. März hinaus verlängern. Das sagte Baubeigeordneter Matthias Klipp (Bündnisgrüne) am Mittwochabend im Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung. Im Klartext: Finden Stadtpolitik und Trägerverein Archiv e.V. in den nächsten Tagen keine Lösung zu Baukosten und Finanzierung, muss das Kulturzentrum dicht machen. Eine „Verlängerung der Verlängerung der Verlängerung“ werde die Bauaufsicht nicht mehr erteilen, sagte Klipp und spielte auf die seit Jahren andauernden Debatten um das „Archiv“ und dessen Sanierung an.
Klipp behauptete auch, zumindest die Brandschutzauflagen könnten mit weniger Geld erfüllt werden als den derzeit fehlenden 425 000 Euro. Damit widersprach Klipp einer Aussage des Babelsberger Entwicklungsträgers Stadtkontor. Das Unternehmen hatte eine baufachliche Prüfung der Sanierungspläne durchgeführt und festgestellt, dass die Kosten bei 1,05 Millionen Euro liegen, inklusive der Fassadensanierung. Während der Archiv e.V. meint, so Klipp, die Fassade könne auch später gemacht werden, traten Stadtkontor-Mitarbeiter Dietrich Wiemer und Bernd Richter, Chef des Kommunalen Immobilienservice (KIS), jüngst für eine Komplettsanierung ein. Das sei am wirtschaftlichsten, erklärten sie, teilweise seien auch die Brandschutzauflagen ohne vorherige Arbeiten nicht zu erfüllen.
Im Haushalt der Stadt sind für dieses und das kommende Jahr wie berichtet 625 000 Euro für das „Archiv“ eingeplant. Das sei bereits ein „Riesenbetrag“, mehr Geld könne die Stadt nicht geben, sagte am Mittwochabend Finanzbeigeordneter Burkhard Exner (SPD). Er empfahl zu prüfen, ob der Trägerverein einen „zinsgünstigen“ Kredit bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aufnehmen kann. Dafür werde eine Sicherheit gefordert, dies könne eine „langfristige vertragliche Bindung“ an die Immobilie sein. Sie befindet sich im Eigentum der Stadt. „Der Archiv e.V. muss selbst aktiv werden und eine Menge Hausaufgaben machen“, so Exner. So sei er dies aber auch von „befriedeten ehemals besetzten Häusern“ gewohnt.
Die Fraktionschefs von Linke, SPD und Bürgerbündnis, Hans-Jürgen Scharfenberg, Mike Schubert und Ute Bankwitz, protestierten gegen ihrer Ansicht nach mangelhafte Auskünfte und Recherchen der Verwaltung. So seien vor zwei Wochen im Hauptausschuss gestellte Fragen nach einer Zeitschiene für die Sanierung, der Finanzierung und der Nutzung eines konkreten Förderprogramms nicht beantwortet worden. „Wir hängen mit beiden Beinen fest in der Luft“, kritisierte Sigrid Müller (Linke). Jetzt soll der Finanzausschuss in seiner nächsten Sitzung zum „Archiv“ beraten. Dafür stimmte eine Mehrheit der Hauptausschuss-Mitglieder, die Linke war dagegen.
Auf der Tagesordnung steht das „Archiv“ auch, weil der Erhalt des Archiv im Bürgerhaushalt 2012 auf Platz elf von 20 gewählt worden war. Das „Archiv“ wird ohne öffentliche Gelder von seinem Trägerverein betrieben. Vor 18 Jahren war das Gebäudeensemble unterhalb des Brauhausbergs besetzt worden. Seit 1998 ist es offiziell ein alternatives Soziokulturzentrum. Wöchentlich werden seitdem Konzerte veranstaltet, vor allem im Bereich Punk-Rock. Dazu gibt es ein Café, ein Atelier sowie eine kleine Sporthalle. Laut Verein kommen bis zu 60 000 Gäste pro Jahr. Vor dreieinhalb Jahren waren erhebliche Brandschutzmängel im „Archiv“ bekannt geworden. Trotz neuer Feuerschutztüren ist das Haus seither auf Übergangsgenehmigungen der Bauaufsicht angewiesen.(mit HK)
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