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ATLAS: Fürsorge beenden

Henri Kramer möchte von der Polizei über Gefahren informiert werden

Stand:

Eine betrunkene Bootsfahrerin, ein leicht verletztes Mädchen nach einem Fahrradunfall und 46 Ruhestörungen wegen zu lauter Partys meldete die Polizei am Montag – und vergaß nebenbei die wichtigste Meldung. Denn am Wochenende wurden vor allem in den Potsdamer Neubaugebieten viele Plakate mit der Neonazi-Ikone Rudolf Hess geklebt. Das Perfide dabei: Wie schon bei geklebten Plakaten Anfang August in Berlin enthielt der in Potsdam verwendete Kleister zum Teil scharfe Glassplitter. Diese wurden beigemischt, damit sich Leute verletzen, die sich von solchen Plakaten gestört fühlen und sie deswegen abreißen wollen. Allerdings hat es die Potsdamer Polizei – die bereits wegen versuchter Körperverletzung gegen die unbekannten Täter ermittelt – nicht für nötig befunden, die Bevölkerung über die gefährlichen Plakate zu informieren. Ganz im Gegensatz zur Berliner Polizei: Dort wurden die Menschen öffentlich gewarnt, selbst Hand an die Nazi-Plakate zu legen, weil dies mit „schweren Schnittverletzungen“ enden könne. Anders in Potsdam: Man wolle nicht zusätzlich noch auf die Plakate aufmerksam machen, so die Sprecherin der Polizei. Der neue Fall ist nur ein Glied in einer Kette ähnlicher Vorkommnisse – so meldete die Polizei auch nicht die Schlägerei in Marquardt im Juli, bei der ein betrunkener Mob eine Hochzeitsgesellschaft angriff. Diese besondere Art von Fürsorge, dem Bürger unangenehme Nachrichten so lange vorzuenthalten, bis sie über andere Wege bekannt werden, sollte schleunigst enden: Im aktuellen Fall hätte sich deswegen jemand verletzen können.

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