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Duell am Grill. Oberbürgermeister Jakobs (l.) und der Linke Scharfenberg.

© A. Klaer

ORTSTERMIN: Ganz gut im Synchronwenden

Der Beginn war vielversprechend: Sonnenschein. Fast Kaiserwetter.

Stand:

Der Beginn war vielversprechend: Sonnenschein. Fast Kaiserwetter. Aber eben nur fast. Ein paar Wolken sind zu sehen. Doch die Sonne brennt trotzdem kräftig. Jetzt kommt ein Herr durch die Benkertstraße im Holländischen Viertel geradelt: Jann Jakobs, Potsdams Rathauschef mit SPD-Parteibuch, die Sonnenbrille auf der Nase, Bluejeans, dunkelblaues, kurzärmeliges, kariertes Hemd, stoppt sein Fahrrad vor der Hausnummer drei. Die Sonnenbrille verschwindet schnell vom Gesicht. Der Oberbürgermeister betritt das momentane Ausweichquartier der Suppenküche, einer Einrichtung der Volkssolidarität. Drinnen im Haus und im Hof warten viele schon auf das jährliche Sommer-Highlight: das Grillen mit dem Rathaus-Boss sowie mit Hans-Jürgen Scharfenberg, Fraktionschef der Linken im Stadtparlament. Die Veranstaltung ist seit Jahren ein Ritual, etwa wie „Dinner for One“ eines im Fernsehen ist – allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass in der Suppenküche für wesentlich mehr Menschen aufgetischt wird. An diesem Samstag sind es schätzungsweise 60 bis 80 Leute, die hier verköstigt werden, wird später Suppenküchen-Mitarbeiter Thomas Horn schätzen.

Als Jakobs kommt, ist Scharfenberg schon da. Die beiden langjährigen Lokal-Kontrahenten begrüßen sich – sagen wir einmal – herzlich. So scheint es jedenfalls. Jetzt stellen sich beide hinter den Grill und los geht’s: 60 Fleischscheiben und 60 Würste sollen auf dem Feuerrost zu Köstlichkeiten werden. Die Politiker, die Fleisch und Wurst für diese Veranstaltung jedes Jahr aus ihrer Privatschatulle bezahlen, sind ein eingespieltes Team. Dafür, dass der eine, nämlich Scharfenberg, schon zweimal Potsdams Oberbürgermeister werden wollte, und ihm der andere, also Jakobs, diesen Job jedes Mal vor der Nase wegschnappte, und dafür, dass der Unterlegene im Stadtparlament mit seiner Fraktion nur die harte Oppositionsbank drückt, also in Anbetracht dieser Umstände geht es erstaunlich einträchtig zu zwischen den beiden. Für die Bronzemedaille im Synchronwenden von Fleisch und Würsten könnte es reichen.

Als Straßenmusiker Ralf Kelling, der hier für Stimmung sorgen soll, den Klassiker „Die Antwort weiß ganz allein der Wind“ intoniert, da singt Scharfenberg still vergnügt leise mit, Jakobs pfeift kaum hörbar dazu. Doch nach einer Dreiviertelstunde ist Schluss mit lustig. Petrus schickt Regen. „Das war die CDU“, meint einer der Umstehenden und grinst dabei. Scharfenberg ist jetzt ziemlich durchnässt. Er hält am Grill länger durch als Jakobs. Aber irgendwann kapituliert auch er. Bald raucht der Grill nur noch müde vor sich hin.

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