Landeshauptstadt: Ganz normale „Superhirne“
Am Tisch mit Preisträgern der Helmholtzschule
Stand:
Am Tisch mit Preisträgern der Helmholtzschule Die Liste ist beeindruckend: 1. Platz „Jugend forscht“ Brandenburg, 1. Platz Physikolympiade Brandenburg, 1. Platz Mathematikolympiade Brandenburg, sechs Bundespreise beim Europäischen Wettbewerb, 1. Platz beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“, 2. Landespreis beim Bundeswettbewerb Fremdsprache und, und, und. Was diese noch immer unvollständige Aufzählung von Preisträgern der Helmholtzschule fast schon erschreckend macht – alle Preise sind im letzten oder diesem Jahr vergeben worden. Also, was muss man erwarten, wenn sich all diese buchstäblich ausgezeichneten Schüler an einem Ort versammeln, um mit einem gemeinsamen Essen vom Förderverein ihrer Schule geehrt zu werden? Einen Haufen lebensferner Streber? Blasse Bücherwürmer mit dicken Hornbrillen? Alle Klischees bedienende Intelligenzbestien aus Elfenbeintürmen schulischen Wissens? Die Wirklichkeit ist dann erfreulich durchschnittlich. Denn was da am Donnerstagmittag in das griechische Restaurant eintrudelt, sieht nicht nur völlig normal jugendlich aus – zerrissene Hosen und ausgelatschte Schuhe inklusive – sondern entpuppt sich auch in Gesprächen als eine Gruppe von Schülern, die nicht anders sind als Gleichaltrige anderer Schulen. Obwohl – so ganz stimmt das vielleicht doch nicht: Vorschläge, das schulische Freizeitangebot für leistungsschwache Klassen zu kürzen und durch Förderkurse zu ersetzen, dürfte man nicht an jeder Schule aus dem Mund einer Neuntklässlerin hören. Auch Selbstzweifel über ungenügendes Allgemeinwissen gehören nicht unbedingt zum Standardrepertoire verbreiteter Pubertätssorgen. Aber davon abgesehen: Alles ganz normal. Es sind einfach „alles nette Kinder“, meint Dr. Dieter Rauchfuß, der Direktor der Schule lächelnd. Seine Lehranstalt will er dann auch auf keinen Fall als Eliteschule verstanden wissen. Am Helmholtz-Gymnasium werde lediglich ein Klima der Offenheit geschaffen, in dem sich Schüler entfalten könnten. Natürlich würde man eine Wettbewerbskultur fördern, aber es werde kein Druck auf die Schüler ausgeübt, irgendwelche außergewöhnlichen Leistungen zu erbringen. Martin Straßenburg, Schüler der 9. Klasse, kann dies bestätigen: Der Zweite in der Landesolympiade Biologie ist schon zum wiederholten Male Preisträger – „und der Ehrgeiz, wieder dabei zu sein, kommt von ganz alleine“. Natürlich seien die Anforderungen hoch, so Maxi Hinze, Zweitplatzierte in der Brandenburger Russischolympiade, aber mit den Lehrern komme man gut aus. Die Wichtigkeit des guten Betriebsklimas zwischen den 830 Schülern und den 60 Lehrkräften des Hauses unterstreicht auch Rauchfuß. Dazu gehöre auch, dass Leistung bei den Schülern nicht negativ besetzt sei – ein Umstand, der nicht immer so gewesen sei: Anfang der 90er Jahre seien ausgehängte Auszeichnungen noch herabgerissen worden, heute seien sie Grund zur Freude aller. Wie man diesen Mentalitätswechsel geschafft habe? Das sei schwer zu sagen, sucht Rauchfuß nach einer Antwort. „Es gibt kein Geheimrezept.“ Ein Gemeinschaftsgefühl, das alle Schüler verbinde, spiele aber sicherlich eine Rolle. Mittlerweile ist das Essen beendet – vom gemütlichen Sitzenbleiben aber keine Spur: Die Schüler wollen überraschend schnell nach Hause und ihre Freizeit genießen. Mögen die nun gesättigten Helmholtz-Gymnasiasten auch jeder auf seine eigene Art ein Superhirn sein – in dieser Hinsicht sind sie genau wie alle anderen Schüler. Irgendwie beruhigend.
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