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Landeshauptstadt: Gartenglück am Parkhaus

Zum 80. Geburtstag erinnern sich Gärtner vom Verein Sonnenland-Drewitz an den Kampf um ihre Sparte

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Wer den Garten von Max Kasan betritt, wird gleich am Gartentor von einer strahlenden Sonne empfangen – und das bei jedem Wetter. Nein, einen Einfluss auf Petri Launen hat der 80-jährige Kasan nicht. Doch in seine selbstgebaute Gartentür hat der Kleingärtner einst das Motiv der aufgehenden Sonne eingearbeitet: gelber Halbkreis, ein paar metallene Strahlen dazu, ebenfalls in kräftigem Gelb.

Seit 47 Jahren bewirtschaftet er seine Parzelle im Kleingartenverein Sonnenland-Drewitz, erzählt der agile Rentner. Kasan ist damit einer der „dienstältesten“ Kleingärtner in der Sparte an der Gerlachstraße am Rande des Stadtteils Drewitz. Am heutigen Samstag feiert der Verein ein großes Jubiläum – eines, das Kasan für sich persönlich schon vor einem Dreivierteljahr begehen konnte: den 80. Geburtstag.

Im Jahre 1932, auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, habe der Drewitzer Bauer Albert Haseloff damit begonnen, sein Land vor den Toren des Dorfes Drewitz aufzuteilen und die Parzellen an Arbeiter aus dem Babelsberger Lokomotivenwerk von Orenstein & Koppel zur kleingärtnerischen Nutzung zu verpachten, erzählt Erhard Schacht, Vorsitzender des Gartenvereins von 1992 bis 2005. Auch zu DDR-Zeiten, als sich auf dem Gelände von Orenstein & Koppel das Karl-Marx-Werk ansiedelte, seien in den Reihen der Kleingärtner von Sonnenland besonders viele Beschäftigte aus dem einstigen Vorzeigewerk an der Wetzlarer Straße zu finden gewesen. Eine große Warteliste für die begehrten Gärten habe es in dieser Zeit gegeben, berichtet Schacht. Besonderer Andrang habe geherrscht, als nicht weit vom Vereinsgelände das Wohngebiet Am Stern errichtet wurde.

Doch nach dem politischen Umbruch von 1989 zogen bald dunkle Wolken auf über Sonnenland. Das Gelände weckte die Begehrlichkeiten eines Investors. Hart gekämpft habe man damals um den Bestand der Gartenanlage, sagt Schacht. Der 77-Jährige zeigt über einen Garten hinweg in Richtung Stern Plaza, das große Wohnhaus am Rande des Stern-Centers. Dort entlang, bis hinein in den heutigen Einkaufstempel am Rande der Nuthe-Schnellstraße hätten die Kleingärten einst gereicht. Anfang der 1990er Jahre habe es dann geheißen, alle Gärten müssten weichen. Dort, wo er jetzt mitten in der Kleingartenanlage stehe, sei ein Parkplatz geplant gewesen. Asphalt statt Mohrrüben.

Die Verantwortlichen in der Potsdamer Stadtverwaltung hätten zunächst nicht aufseiten der Kleingärtner gestanden, sagt Schacht. Doch nachdem man „sehr rebellisch“ geworden sei, habe es schließlich einen Kompromiss gegeben: 23 der damals 43 Parzellen gingen verloren. Auf einem Ackerstreifen unmittelbar neben dem Vereinsgelände wurden elf neue Gärten eingerichtet. Somit waren es am Ende also zwölf Gärten weniger als zuvor.

Nur durch hartnäckige Verhandlungen sei es schließlich zu diesem Ergebnis gekommen: „Es war schon sehr, sehr haarig“, erinnert sich Schacht, der sein Amt als Vorsitzender im Jahre 2005 an Klaus Muß übergab, einem jener „Umzugsgärtner“ in den elf neuen Parzellen. Mehrere Male habe man während der Verhandlungen mit dem Investor und der Stadt das kleine Wörtchen „geräumt“ im Vertragstext gestrichen. Denn keineswegs seien die Kleingärtner bereit gewesen, die von ihnen aufzugebenden Parzellen auch noch zu räumen. Doch irgendjemand schrieb immer wieder „geräumt“ in den Vertrag. In der endgültigen Fassung des Vertragstextes habe man schließlich – quasi in letzter Minute – handschriftlich das unheilvolle Wörtchen gestrichen und dies gleich dahinter mit vier Extra-Unterschriften besiegelt.

Als Folge dieses Kompromisses ragt heute ein Parkhaus mitten hinein in das Kleingartengelände. Das mehrstöckige Betongebäude mit seinen ausladenden Auf- und Abfahrten mag nicht so recht zum Kleingärtnerparadies gleich nebenan passen. Überhaupt wirkt die Sparte so ziemlich eingezwängt zwischen Wohn- und Industriebauten. Auf der einen Seite ein Autohaus, auf der anderen das riesige Stern Plaza, deren Bewohner zum Teil direkt in die Gärten schauen können. Doch damit habe man inzwischen seinen Frieden geschlossen. Zu allen Nachbarn, so Schacht, pflege der Verein ein gutes Verhältnis.

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