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Aus dem GERICHTSSAAL: Gastronom hinterzog 200 000 Euro Steuern

Angeklagter berief sich auf Unerfahrenheit als Unternehmer: Bewährungsstrafe

Stand:

Die Anklage geht von gut 200 000 Euro Steuerschulden aus. Rechnet man sämtliche Zuschläge, die sich in den Jahren angesammelt haben, hinzu, sind es inzwischen etwa 300 000 Euro. Die muss Bilal B.* (44) in den nächsten 30 Jahren nach Kräften abtragen.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Birgit von Bülow verurteilte den einstigen Betreiber zweier indischer Gaststätten am Dienstag wegen Steuerhinterziehung in 25 Fällen – zwei davon im Versuch – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung. Zudem muss der in Pakistan Geborene 100 Stunden gemeinnützig arbeiten.

Von Ende 2003 bis zum Sommer 2008 soll Bilal B. in seinen Einkommens- und Umsatzsteuererklärungen deutlich zu niedrige Erträge angegeben haben, um seine Steuerpflicht zu verkürzen. Der Potsdamer berief sich in der Verhandlung auf seine unternehmerische Unerfahrenheit, mangelnde Kenntnisse der deutschen Schriftsprache und einen Steuerberater, der ihn offenbar nicht gut vertreten habe. Ein Restaurant in der Innenstadt habe er schließen müssen, weil es von Anfang an nicht richtig lief. Die zweite Gaststätte betreibe seine Frau, er helfe ihr dabei und bekomme „ein bisschen Geld“. Ansonsten habe er kein Einkommen. Schon in der Vergangenheit hatte er gegen das Lebensmittelgesetz verstoßen.

„Vom Staat leben möchte ich nicht. Ich bin nach Deutschland gekommen, um hier zu arbeiten. Vielleicht habe ich Fehler gemacht. Aber das wollte ich nicht“, beteuerte der Vater dreier Kinder.

„Wenn Steuerunterlagen über Jahre hinweg unvollständig oder mangelhaft abgegeben werden, wie das hier offenbar der Fall war, dann muss das Finanzamt die Umsätze schätzen“, stellte die Vorsitzende klar. Das sei dann auch geschehen. „Diese Summe hat die Behörde ja nicht aus dem hohlen Bauch heraus genannt.“

Eine zur Verhandlung geladene Mitarbeiterin des Finanzamtes betonte, bei der Schätzung sei die Behörde noch unter den vom Bundesgerichtshof anerkannten Richtsätzen geblieben. Darüber hinaus sei auch umfangreich ermittelt worden.

„Im Prinzip räumt mein Mandant die ihm zur Last gelegten Vorwürfe ein“, erklärte der Verteidiger. Allerdings kämen ihm die geschätzten Steuerschulden „monströs“ vor. Hätte Bilal B. tatsächlich dermaßen hohe Umsätze erwirtschaftet, müssten er und seine Familie ein Luxusleben führen. Da sei aber keinesfalls so.

„Woher kamen dann die Geldmittel, die nach Pakistan geflossen sind?“, insistierte die Behörden-Angestellte. Der Verteidiger parierte, das seien Umsätze anderer Geschäftsleute gewesen, die über das Konto seines Mandanten gelaufen seien. Im Übrigen sei das diesbezügliche Verfahren eingestellt worden.

„Sie haben einen saftigen Denkzettel dafür gekriegt, dass Sie fünf Jahre lang falsch gerechnet haben“, so Richterin von Bülow. „Ich rate Ihnen dringend, Hartz IV zu beantragen. Das bedeutet ja nicht, fürs Nichtstun Geld vom Staat zu bekommen. Sie stellen sich dadurch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Vielleicht klappt es ja mit einer Vermittlung. Dann sind Sie Ihre Schulden schneller los.“ (*Name geändert.) Hoga

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