Landeshauptstadt: Gastronomie im Test

Louis de Funès Filmklassiker „Brust oder Keule“ hat die Situation auf humoristische Weise illustriert: Freude, Leid und Nervenkitzel von Gastronomen, die in jedem Gast den respektierten, aber gefürchteten Restaurant-Tester vermuten. Ähnlich erging es in den vergangenen Wochen den Inhabern und Angestellten von 52 Restaurants, Kneipen, Cafés und Ausflugslokalen in Potsdam und Umgebung. Sie nahmen am Wettbewerb „Potsdamer Gastlichkeit“ des Hotel- und Gaststätten-Kreisverbandes Potsdam teil und ließen sich von der Firma Gorath Servicetest auf Qualität und Freundlichkeit testen.

„Das ist bislang die einzige Qualitätsinitiative in der Gastronomie im Land Brandenburg“, sagt der Vorsitzende des Hoga-Kreisverbands, Mario Kade, der selbst seit zehn Jahren ein Restaurant führt. Anliegen des Checks ist: Die Potsdamer Gastronomie soll sich zu einer Oase in der oft zitierten Servicewüste Deutschland entwickeln.

Bereits die Test-Ergebnisse der vergangenen beiden Jahre sprechen dafür, dass die Gastronomen auf dem besten Weg dahin sind. „Die Servicequalität hat sich deutlich verbessert, genauso wie der Anspruch an Qualität bei der Zubereitung der Speisen“, zitiert Kade aus den Beurteilungen der Tester von 2004 und 2005. Nicht genügend Bedienungspersonal in Stoßzeiten sei hingegen als Manko bei einigen Firmen aufgeführt worden.

Die Tester gehen bei ihrer Arbeit inkognito vor. Von der telefonischen Tischreservierung über Gestaltung und Inhalt der Speisekarte bis hin zu Service, Sauberkeit und Qualität des Essens und der Getränke - alles wird unter die Lupe genommen und in einem 20-seitigen Testbericht festgehalten. In diesen können die Lokal-Inhaber am Dienstag bei der diesjährigen Preisverleihung im Potsdamer Inselhotel Hermannswerder Einsicht nehmen.

Mit 100 Prozent habe bislang noch kein Teilnehmer bestanden, sagt Kade. Das Gros liege bei 89 bis 96 Prozent. Wer unter die 70 Prozent-Marke rutscht, habe nicht bestanden. „Doch uns geht es bei dieser freiwilligen Initiative nicht darum, die Spreu vom Weizen zu trennen, sondern die Gastronomen anzuregen, sich mit den Testberichten eingehend auseinander zu setzen und dabei ihren Service zu überdenken“, betont Kade. Er verweist auf das erste Testjahr: „Die drei Gastronomen, die damals durchfielen, waren im Jahr 2005 unter den ersten zehn.“ Insgesamt hatte der Verband knapp 500 Unternehmen zum Wettbewerb eingeladen. Die 52, die sich zu einer Teilnahme entschlossen, konnten sich im Juli bei einem Workshop der Industrie- und Handelskammer auf den Test vorbereiten. „Das hat sich gelohnt. Man sieht es an den diesjährigen Testergebnissen“, sagt Petra Gorath von Gorath Servicetest. Mehr will sie vor der heutigen Preisverleihung allerdings nicht verraten.

Wo die „Potsdamer Gastlichkeit“ groß geschrieben wird, will der Hoga-Kreisverband in einem Gastronomieführer zu Beginn des neuen Jahres veröffentlichen. Geplant ist eine Auflage von 20 000 Exemplaren in Deutsch und Englisch. Das Heft soll kostenfrei in der Potsdam-Information sowie in den Gastronomiebetriebe erhältlich sein. Zudem wollen sich die Potsdamer Gastronomen im kommenden Jahr in Berlin auf der Grünen Woche und erstmals auf der Internationalen Tourismusbörse unter dem Motto „Potsdamer Gastlichkeit“ präsentieren.