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Fürbitte. Ihre Wünsche schrieben die Schüler auf Zettel in Vogelform.

© Andreas Klaer

Von Peer Straube: Gebete gegen eine verrückte und grausame Welt

Helmholtz-Schüler organisierten Gedenkgottesdienst für Japan in der Französischen Kirche

Von Peer Straube

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Innenstadt - Angst. Fassungslosigkeit. Mitgefühl. Und trotzdem die Hoffnung auf Gott. Rund 150 Schüler des Helmholtz- Gymnasiums haben gestern mit einem Gottesdienst in der Französischen Kirche der Opfer der Natur- und Atomkatastrophe in Japan gedacht.

„Ihr habt euch dieses Gedenken gewünscht“, sagt Schulpfarrer Matthias Vogt. Aus Mitgefühl mit den Tausenden Todesopfern, die allein das Erdbeben und der anschließende Tsunami gefordert haben. Und aus Angst vor der Atomkatastrophe. „Wir fürchten uns, Gott, denn die Technik ist außer Kontrolle geraten“, sagt ein Schüler und ein Mädchen fragt: „Gott, bist Du nicht mehr Herr der Schöpfung und bewahrst Du uns nicht mehr vor unserer Überheblichkeit?“ Ein anderes wirft die Frage auf, wie groß die Katastrophe noch werden möge.

„Die Ereignisse in Japan sind so erschreckend, da konnten wir nicht tatenlos zusehen“, begründet die 13-jährige Johanna Feiler das Engagement der Schüler. Sie sei schon vorher gegen die Nutzung von Atomenergie gewesen und habe auch mehrfach dagegen demonstriert. „Aber es ist gut, wenn jetzt auch andere Menschen aufwachen.“

„Mehr Angst als früher“ habe er jetzt, bekennt Alrik Wendel. Der 15-Jährige hofft darauf, dass die Politik die richtigen Schlüsse zieht, damit eine Atomkatastrophe in Japan nicht noch einmal passiert. Zwar könne man die AKWs nicht sofort abschalten, „aber nach und nach“.

Saya Seki ist selbst betroffen. Die 13-jährige Schülerin hat Verwandte im japanischen Osaka. Im Moment seien sie noch sicher, sagt das Mädchen. Die Nachrichten aus der Heimat seien „schrecklich“. Sie hoffe, dass es nicht zum Super-GAU kommt. Darum wollen Saya Seki und ihre Mitschüler auch selbst einen Beitrag leisten. Sie sammeln Geld für die Opfer in Japan. Allein 100 Euro kommen beim Gang mit dem Klingelbeutel durch die Reihen spontan zusammen, die Einnahmen aus dem Kuchenbasar vor der Kirche noch nicht eingerechnet. Zusätzliches Geld soll durch den Verkauf original japanischer Seiden-Kimonos eingespielt werden.

Immer wieder rückt die Rolle des Herrn bei der Katastrophe in Japan beim Gottesdienst in den Mittelpunkt. Nütze es, zu einem Gott zu beten, der solches Leid zulasse, fragt Pfarrer Vogt. „Es gibt darauf keine schlagende Antwort und das ist gut so.“ Gott sei „weder ein Zauberkünstler noch ein Wunschautomat“. Doch sei kein Gebet vergeblich. „Wir beten gegen die verrückte, kalte und grausige Welt“, erklärte der Pfarrer.

Die Schüler singen „Mad World“ der britischen 80er-Jahre-Band Tears for Fears, ein Song über eben jene „verrückte Welt“ aus Sicht eines Teenagers. Es gebe aber Hoffnung, wenn es in einer verrückt scheinenden Welt so überwältigende Reaktionen der Solidarität, der Hilfs- und Spendenbereitschaft zu verzeichnen sei, machte Vogt den Schülern Mut. Überall hätten sich die Kirchen für Gottesdienste und Andachten geöffnet.

Der Gottesdienst schließt mit einer Fürbitte. Die Schüler haben ihre Wünsche für die Opfer in Fernost auf Zettel geschrieben und diese nach der japanischen Papierfaltkunst Origami zu kleinen Vögeln gefaltet. Dass die Betroffenen in Japan nicht allein bleiben in ihrer Not, steht da etwa. Oder die Hoffnung, dass die Überlebenden „nicht so leiden müssen und genug zu essen haben“.

Schulpfarrer Matthias Vogt ist begeistert von der Initiative, die die Schüler an den Tag gelegt haben. In den ersten Tagen nach dem Erdbeben hätten sie ihn bereits gebeten, einen Gottesdienst in der Französischen Kirche zu organisieren, in der einmal im Jahr auch der Schulgottesdienst abgehalten wird. „Sie haben sogar selbst einige der Gebete geschrieben.“

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