zum Hauptinhalt
Einfach mal gegen den Baum fahren. Am Simulator ist das möglich.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Gefahrlos Unfälle bauen

In der Fahrschule Ehlenbeck stehen die einzigen Fahrsimulatoren Potsdams

Stand:

Viel ist auf den Straßen nicht los: Fahrschülerin Lara Wichniarz gondelt mit den vorgeschriebenen 30 km/h durch die Kleinstadt, andere Autos sind nicht unterwegs. „Soll ich mal gegen einen Baum fahren?“, fragt die 17-Jährige. Fahrlehrer Frank Ehlenbeck hat nichts dagegen – es dient ja nur der Demonstration. Wichniarz lenkt nach rechts und das Auto kommt geräuschvoll an einem Baum zu stehen.

Passiert ist natürlich nichts: Während es draußen regnet, sitzt Wichniarz in Ehlenbecks Fahrschule im Trockenen und dreht ein paar Übungsrunden am Fahrsimulator. „Legen sie den ersten Gang ein, lassen sie die Kupplung langsam los und geben sie leicht Gas“, sagt eine ruhige Männerstimme aus dem Lautsprecher. Wichniarz befolgt die Anweisungen. „Sehr gut!“, lobt der Fahr-Assistent.

Ein Lenkrad ist ebenso vorhanden wie Gangschaltung, Kupplung, Gas- und Bremspedal – nur eine Hupe gibt es nicht. Vor dem Autositz stehen drei Bildschirme, die eine animierte Stadt zeigen, in der je nach Programm mal mehr, mal weniger Autos herumfahren. „Polizei gibt es nicht!“, scherzt ein Mitarbeiter der Fahrschule.

Sowohl Frank Ehlenbeck als auch sein Bruder Thomas, der ebenfalls eine Fahrschule betreibt, besitzen einen Simulator. Damit sind sie derzeit die einzigen Fahrschulen Potsdams, die über derartige Geräte verfügen. Kosten pro Stück: 18 000 Euro – so viel wie für einen Kleinwagen. Dafür spart man Benzin und es gibt keinen Verschleiß. Das ist aber nicht der eigentliche Grund für die Anschaffung: Vielmehr können Fahrschüler durch den Simulator stressfrei grundlegende Handgriffe und Abläufe kennenlernen, bevor es auf die Straße geht.

Das Programm bietet verschiedene Auto- und Geländetypen an: Wichniarz hat aus Spaß einen Sportwagen mit 400 PS und eine Rennstrecke ausgewählt. „Mit 72 km/h um die Kurve – das würdest du mich sonst nie machen lassen“, sagt sie zu Ehlenbeck. Der Fahrassistent aber sagt dasselbe:„Du fährst zu rasant!“

Baut der Simulator-Fahrer einen Unfall, erscheint ein Warn-Bildschirm, dann startet die Simulation neu. „Natürlich wird es die Praxis nicht ersetzen“, sagt Ehlenbeck. Aber es helfe, wenn man vor der ersten Fahrstunde die Grundgriffe schon geübt habe. Pro Tag sitzen vier bis fünf Schüler an seinem Simulator, das Fahren kostet nur ein Drittel der normalen Stunde.

„Man fährt etwas freier und mit weniger Druck“, sagt auch Lara Wichniarz. Doch trotz der Motorengeräusche und der Vibration des Sitzes, durch die man den Schleifpunkt der Kupplung erfühlen kann, sei das Fahren im Simulator ganz anders an als im richtigen Auto. Das liegt etwa an der sensibleren Kupplung des Simulators: Wer die beherrscht, so Ehlenbeck, habe es nachher im echten Auto etwas leichter.

Dass sich weitere Potsdamer Fahrschulen Simulatoren anschaffen, ist eher unwahrscheinlich –für viele ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis noch zu unausgewogen: „Das ist ein schönes Gimmick, aber die Ausbildung wird dadurch nicht verkürzt“, sagt Gunter Erbes von der Fahrschule Erbes in Potsdam. Die Dinge, die für einen Fahrschüler am wichtigsten seien, nämlich das Erfassen der Verkehrssituation, können darin nicht geübt werden. Seine Fahrschule verfügt über etwas, das nach Ansicht von Erbes effizienter als ein Simulator ist: „Wir haben einen eigenen Übungsplatz, auf dem man viele Grund-Fahrmanöver durchführen kann.“

Ehlenbeck sieht das anders: „Das mit den Simulatoren wird die Zukunft werden – man muss natürlich hier und da noch etwas nachbessern.“ Unter anderem kritisiert der Fahrassistent nicht, wenn man vergisst, den Gurt anzulegen. Doch es erscheinen regelmäßig Software-Updates, um solche Details auszubessern. „Derzeit arbeitet der Hersteller auch an Erweiterungen, mit denen Fahrten bei Regen, Schnee und Glätte möglich werden“, so Ehlenbeck. Dann wird man auch im Sommer Winterfahrten machen können – ohne Unfallgefahr. Erik Wenk

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })