
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Gefeiert wie ein Filmstar
Die Potsdamerin Hertha Schmidt feierte am Montag ihren 100. Geburtstag
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Das leibliche Wohl der Defa-Dokumentarfilmer lag ihr über zwei Jahrzehnte am Herzen. In der Kantine der Dokfilm-Studios sorgte Hertha Schmidt einst für die Verköstigung der Filmemacher. Als Schmidt Ende der 80er Jahre in den Ruhestand ging, habe der Chef zu ihr gesagt: „Du kannst mich doch jetzt nicht verlassen.“ Doch da war sie bereits Ende 70.
Und der Chef von damals hat sie bis heute nicht vergessen: Er sei der erste gewesen, der ihr telefonisch zum Geburtstag gratuliert habe, erzählte die Jubilarin an ihrem 100. Wiegenfest am Montag. Am 16. Januar 1912 wurde Hertha Schmidt in Werder geboren. Aufgewachsen mit vier Geschwistern habe sie in der Blütenstadt „eine sehr schöne Zeit“ verlebt, berichtete Schmidt. Als junge Frau zog sie 1933 von Werder nach Potsdam. Seitdem hält sie der heutigen Landeshauptstadt die Treue.
Lange Zeit arbeitete Schmidt als Lebensmittelverkäuferin in Potsdam. In den 60er Jahren wechselte sie zur Kantine des Defa-Dokfilms, deren Chefin sie einige Jahre war. Doch Schmidt war offenbar in all ihren Jahren bei der Defa vor allem eines – nämlich beliebt. So beliebt, dass sie noch immer jedes Jahr eingeladen wird, wenn sich Regie- und Technikmitarbeiter des Defa-Dokfilms zu ihrem jährlichen Ehemaligentreffen versammeln. Die Kollegen von damals bereiteten ihr auch zum Jubiläum eine Überraschung, als sie fast in Schulklassenstärke erschienen und ein Geburtstagsständchen sangen. Als Schmidt auf ihrem Stuhl sitzend die vielen „Defa-Hände“ schüttelte, meinte sie ganz gerührt: „Ich bin ja ein richtiger Filmstar.“
Schmidt habe die kulinarischen Vorlieben der Mitarbeiter oft schon gekannt, erzählt einer der Ehemaligen. Wenn jemand in der Kantine noch ein bisschen „Tee“ für die Kaffeetasse verlangte, habe Schmidt genau gewusst, welche hochprozentige Freude sie ihm nun eigentlich bereiten solle, erzählte Hertha Schmidts Tochter augenzwinkernd. Sie ist das einzige Kind der Jubilarin. 1950 trennten sich die Eltern. Da war Tochter Christiane erst zwei Jahre alt.
Bis ins hohe Alter habe ihre Mutter noch selbständig in einer Wohnung im Zentrum-Ost gelebt, erzählt die Tochter. Seit zweieinhalb Jahren wohnt die zweifache Urgroßmutter nun im Seniorenstift in der Burgstraße. Sie ist nicht mehr gut zu Fuß. Doch auf ihren großen Ehrentag hat sich Hertha Schmidt schon im Vorhinein sehr gefreut, wie ihre Tochter berichtete: Als gestern Morgen zunächst kaum Gäste erschienen, habe ihre Mutter schon ganz unruhig gefragt: „Kommt hier heute gar keiner?“ Holger Catenhusen
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