Landeshauptstadt: „Gegen die Gier in der Welt“
Mikrokredite als Entwicklungschance: Die Sternkirchengemeinde trat der Oikocredit-Genossenschaft bei
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Am Stern - Als erste Potsdamer Kirchengemeinde hat sich die Sternkirchengemeinde der Oikocredit-Genossenschaft angeschlossen. Im Gottesdienst am gestrigen Sonntag in der Sternkirche trat die Kirchengemeinde offiziell dem „Oikocredit Förderkreis Nordost“ bei. Oikocredit ist ein privater Finanzier von Mikrokreditprogrammen. Unter dem Motto „In Menschen investieren“ stellt die Organisation Kredite in Entwicklungs- und Schwellenländern bereit. Nutznießer dieser Darlehen sind Genossenschaften und kleine Unternehmen in über 70 Ländern der Welt. Auch vergibt die Organisation Kredite an Mikrofinanzinstitutionen, die ihrerseits Darlehen an Klein- und Kleinstunternehmen in den ärmeren Ländern der Erde ausreichen. Es gehe darum, „lokale Wirtschaftskreisläufe zu unterstützen“, sagt Karl Hildebrandt von Oikocredit. Gefördert würden Unternehmungen, die von Banken kein Geld bekämen. Kaffeebauern aus Nicaragua finden sich ebenso unter den Unterstützten wie Sari-Weberinnen aus Indien oder eine Kakaogenossenschaft in Bolivien.
Der Gottesdienst in der Sternkirche stand ganz im Zeichen der Internationalität. Mehrere Sprachen erklangen. Der Berliner Gospelchor „Voice of Africa“, dessen Mitglieder afrikanische Wurzeln haben, sorgte für eine lockere Gospelstimmung während des Gottesdienstes. Und auch noch eine Weile danach schwangen sich die Chormitglieder in Gospel-Trance.
In seiner Predigt erklärte Pfarrer Andreas Markert, die Sternkirchengemeinde wolle etwas „gegen die Gier in der Welt“ tun. Nicht den Werbesprüchen „Geiz ist geil“ oder „Ich bin doch nicht blöd“ wolle die Kirchengemeinde folgen, denn diese Sprüche würden suggerieren: „Du allein bist wichtig.“ Dies sei jedoch eine falsche Botschaft. Vielmehr müsse sich jeder Einzelne fragen, wo Menschen seiner Hilfe bedürfen. In diesem Sinne wolle die Gemeinde durch ihre Mitgliedschaft bei Oikocredit kleine Firmen in armen Ländern unterstützen. Markert verwies auf eine jüdische Legende: Ein Jude geht zu seinem Rabbi und fragt: „Sag, Rabbi, warum haben arme Menschen ein offenes Ohr für mich, wenn ich zu ihnen gehe? Warum sind sie oft sogar bereit zu helfen? Wenn die Leute aber reich sind, dann sehen sie mich häufig nicht einmal an.“ Darauf antwortete der Rabbi: „Schau aus dem Fenster, was siehst du dort?“ „Ich sehe eine Frau mit einem Kind auf der Straße laufen“, antwortete der Jude. „Und nun schau in den Spiegel! Was siehst du da?“ „Ja, was soll ich schon sehen – mich natürlich!“ Darauf spricht der Rabbi: „Siehe, sowohl das Fenster als auch der Spiegel bestehen aus Glas. Doch legst du ein bisschen Silber hinter das Glas, siehst du nur noch dich selbst.“ Holger Catenhusen
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