WIEDEMANN bildet: Gegen die Wand?
Seit mehr als einem Jahr schreibe ich nun zum Thema Bildung eine Kolumne. Freunde haben mich vor der thematischen Festlegung auf Bildung gewarnt, ich habe nicht auf sie gehört, also eigene Schuld!
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Seit mehr als einem Jahr schreibe ich nun zum Thema Bildung eine Kolumne. Freunde haben mich vor der thematischen Festlegung auf Bildung gewarnt, ich habe nicht auf sie gehört, also eigene Schuld! Denn: Kann ich in einem Land, in dem ich seit mehr als zwei Jahrzehnten an einer Hochschule arbeite und für das sich meine Familie als Heimatland entschieden hat, unter den aktuellen Umständen weiter über Bildung schreiben?
Die Hochschulen müssen wahrscheinlich einen zweistelligen Millionenbetrag einsparen, der höher ist als der Etat der von mir geleiteten Hochschule. Das Problem: Es geht nicht um eine einmalige Sparrunde, sondern um eine geforderte Kontinuität, also zukünftig eine Hochschule, oder drei Fachbereiche oder 20 bis 30 Studienangebote weniger im Land Brandenburg und dazu – gewissermaßen komplementär – auch schlechtere Angebote im schulischen Bereich. Als ein seit 20 Jahren Beteiligter am Erhalt bzw. Aufbau einer national und international erfolgreichen Hochschullandschaft in Brandenburg weiß ich um einige Fehlentwicklungen im Bildungsbereich – die übrigens nicht alle von den Bildungseinrichtungen selbst zu verantworten sind – und auch um finanzielle Zwänge des Landes.
Aber muss die Landesregierung jetzt wirklich beginnen, die Zukunfts- und Innovationsfähigkeit Brandenburgs infrage zu stellen, in dem sie die im nationalen und internationalen Vergleich ohnehin schon schlechte finanzielle Ausstattung der Hochschulen noch weiter verschlechtert? Muss ich zur feierlichen Immatrikulation im Oktober den neuen Studenten sagen, dass sie während ihrer Bachelorausbildung Film und Fernsehen nur noch theoretisch erfahren werden, weil die HFF für die filmpraktischen Übungen kein Geld mehr hat? Dann können wir auch nicht mehr auf Filmfestivals und in Fernsehkanälen von über 50 Ländern präsent sein und dort für unsere Ausbildungsqualität werben. Studierende der HFF haben allein in den letzten vier Wochen sechs Preise auf wichtigen Festivals, etwa zwei Deutsche Kamerapreise und zwei Förderpreise Deutscher Film, erhalten und damit Werbung für den Ausbildungs- und Medienstandort Potsdam gemacht.
Ich kann und will nicht glauben, dass die Landesregierung wegen fehlender zwölf Millionen Euro die Erfolgsmodelle der Hochschulausbildung im Land einfach gegen die Wand fahren lässt. Die angedrohten Kürzungen würden die international anerkannte Ausbildungsqualität der HFF in den nächsten Jahren auf ein absolutes Mittelmaß bringen und damit auch die Attraktivität des Medienstandortes beeinträchtigen. Ist das wirklich gewollt? Ich glaube nicht und werde deshalb auf der Immatrikulationsfeier die Neuen beglückwünschen, dass sie es nach einem anspruchsvollen Auswahlverfahren geschafft haben, einen Studienplatz an der HFF zu bekommen, weil das der erste Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen Karriere im Theater sowie in Film und Fernsehen ist. Und ich hoffe, dass ich mich in meiner August-Kolumne wieder alltäglicheren und angenehmeren Themen der Bildung widmen kann.
Unser Autor Dieter Wiedemann ist seit zehn Jahren Präsident der Hochschule für Film und Fernsehen Babelsberg. Er hat zahlreiche Publikationen zu Film und Fernsehen sowie zur Aufarbeitung und Wertung des DEFA-Filmerbes und des DDR- Kinderfernsehens verfasst.
Dieter Wiedemann
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