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Landeshauptstadt: Gegen Vorurteile und Flutschäden

Im sächsischen Flöha arbeiteten Potsdamer und Polen am Wiederaufbau der Schule

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Im sächsischen Flöha arbeiteten Potsdamer und Polen am Wiederaufbau der Schule Von Henner Mallwitz Die kurzen Haare und die Bomberjacke täuschen – reine Äußerlichkeiten. „Als ich gefragt wurde, ob ich einen Monat lang mit Polen zusammen arbeiten will, hab ich sofort zugesagt“, erzählt Andy. Der Azubi lässt sich beim BuS e.V. (Bauhof- und Stadtsanierungsausbildung) in Potsdam zum Maler ausbilden, war auch schon in Opole helfen und freute sich auf das neue Projekt. Vorurteile? „Das ist Unsinn. Wir haben alle toll zusammen gearbeitet.“ Gestern war die Zeit um. Vier Wochen hatten 13 polnische Abiturienten und neun deutsche Azubis gemeinsam in der Mittelschule im sächsischen Flöha die letzten Schäden der Flutkatastrophe beseitigt. „Der Keller stand damals völlig unter Wasser, der Schulclub und viele Lehrmittel waren zerstört“, erinnert sich Wolfgang Wilke vom BuS-Vorstand. „Der Schulleiter glaubte nach der langen Vorbereitungszeit erst an unsere Hilfe, als wir vor der Tür standen.“ Und dann sollte es losgehen. Tage harter Arbeit. In der Jugendherberge im Schloss Augustusburg übernachteten die Helfer, in der Schule erneuerten sie die Fugen im Naturstein. „Hausmeister Jonny verzweifelte fast“, erinnerte sich die polnische Dolmetscherin Gabriela Eiserle. „Er hatte uns alle Werkzeuge bereitgestellt, doch die Mädchen formten die Rundfugen fachgerecht mit Teelöffeln und den Händen.“ Gabriela hatte in Polen ihrem deutschen Mann die vier Kinder anvertraut: „Ich werde bei dem Projekt gebraucht.“ Zusammen mit ihrem deutschen Kollegen Jörg Grunow sorgte sie für den reibungslosen Ablauf, für Kultur und Spaß nach dem Arbeitstag und für gemeinsamen Fremdsprachenunterricht. „Vor allem die Jungs wuchsen über sich hinaus und wollten sich vor den Mädchen keine Blöße geben.“ Das zahlte sich aus: Zumindest Maria aus Opole und Udo aus Potsdam fanden ihre Liebe. „Das Projekt war für beide Seiten ein Gewinn“, meinte auch Andrzej Popiolek vom Kuratorium in Opole. „Bei 17 Prozent Arbeitslosigkeit hatten unsere jungen Abiturienten der Spezialschule für Restaurierung keine Chance. Jetzt haben sie ein Zertifikat, das kann nur gut sein.“ Letztlich, so Popiolek, sei das Projekt auch eine Art Dankeschön gewesen. „Die Deutsche haben uns nach der Oderflut doch auch geholfen.“ Inzwischen ist schon ein neues Projekt in Arbeit, an dem neben den Potsdamern auch junge Leute aus Österreich, Polen und Litauen beteiligt sein werden. Darauf warten indes schon viele, denn als der Bus am gestrigen Nachmittag unwiderruflich für die Heimreise nach Polen bereitstand, gab es Tränen. Nicht nur bei Maria und Udo.

Henner Mallwitz

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