
© A. Klaer
Von Hella Dittfeld: Gehämmer am Schlosstor
Eifrige kleine Baumeister schenken Drewitz ein Schloss aus Lehm und Stroh
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Drewitz - Schon von weitem hört man das Ping-pong-ping der Hämmer. Eifrig werden Bretter für die Brücke über den imaginären Schlossgraben zurechtgesägt und dann als Brückenverkleidung festgenagelt. Auch der Eingang zwischen den beiden Schlosstürmen bekommt gerade seine Form. Als Baugehilfen haben sich 24 Fünf- und Sechsjährige des Erlöser-Kindergartens eingefunden. Mit ihren Erzieherinnen sind sie erst einmal per Straßenbahn durch die ganze Stadt gegondelt, um am Aufbau eines Schlosses auf dem Ernst-Busch-Platz teilzunehmen. Zum zweiten Mal wurde eine solche Lehmbauaktion in Drewitz gestartet. Im vorigen Jahr entstand zusammen mit 2500 Kindern eine Arche.
Nach einer kurzen Einführung in die Schlossbaukunst beginnt dann das obligatorischen Umkleiden. Sehr oft geben ausgediente Hemden von Mama oder Papa die Bauarbeiterkluft ab, und die „Berufsbekleidung“ erweist sich als sehr sinnvoll. Denn kaum sind die Bottiche zum Lehmanmischen freigegeben, geht es auch schon los mit dem Stampfen des gelben Breis. Dazu werden die nackten Füße benutzt. Wer heraussteigt aus dem Trog, schüttelt qietschend und lachend den klebrigen Lehm erst einmal ab und spritzt ihn in die Gegend. Aber auch beim Lehmbau selbst – es werden gerade Fensterrahmen auf die Mauerwand aufgepappt – beschmaddern sich die Kinder von Kopf bis Fuß. Die Lütten aus der Kita bleiben bei der Panscherei noch recht gesittet, aber die Nachwuchs-Baumeister aus dem Kiez zetteln auch schon mal eine Lehmschlacht an.
Dann ist Lukas Nagel als Abenteuerpädagoge gefragt, der es gut versteht, das überschäumende Temperament der Kinder zu kanalisieren und in Richtung Baugeschehen zu lenken. Während die Kitagruppen – betreut durch ihre Erzieherinnen – an den Vormittagen werkeln, kommen die Einzelbaumeister nachmittags. Mitunter werkeln dann auch die Eltern mit, doch die meisten hielten sich eher abseits, meint Projektleiter Piet Karlstedt von Lehmart aus Bergholz-Rehbrücke. Sein Team ist sehr praktisch zusammengestellt, pädagogisches Geschick paart sich mit handwerklichen Fähigkeiten. Fünf „Lehmbauer“ arbeiten am Drewitzer Schloss – vom Architekten bis zur Psychologie-Studentin, die sich gerade eine Auszeit nimmt.
Auch an Gehilfen und Gesellen ist kein Mangel, und so sind schon zwei Türme entstanden, einer mit spitzem Runddach, einer mit Mauerzinnen, eine Schlossmauer schirmt bereits auf einer Seite den Innenhof ab, und die soll noch bis zum Ringschluss fortgesetzt werden. Im Moment ist allerdings das Stroh ausgegangen, so dass erst einmal Verzierungen am Mauerwerk angebracht und Holzarbeiten erledigt werden. Luke (5) besprengt gerade das Mauerwerk mit Wasser, damit die Fenster besser pappen, Simon (6) führt sich schon auf wie ein Bauleiter und hat große Pläne. Anton (6) balanciert dagegen mutig als Erster über ein Brett. Die Gefahr ist aber gering, selbst bei einem Absturz würde er weich im Stroh landen.
„Wir hoffen auf Strohnachschub zum Wochenende“, sagt Karlstedt. Leider verschiebe sich die Ernte wegen des kalten Frühjahrs. Aber der Strohsponsor, die Agro Saarmund, wird die Kinder sicher trotzdem nicht ohne Baumaterial hängen lassen. Während sich die Mädchen sehnlichst einen Thron wünschen, fragen die Jungen eher nach Kanone oder Wurfgerät. „Der Thron wird gebaut“, sagt Karlstedt, „Kriegsgerät gibt es nicht.“ Aber das ist auch schnell vergessen, wenn man mit dem großen Hammer zuschlagen darf oder ein Akkuschrauber lockt.
Ist das Schloss fertiggestellt, bekommt es noch Farbe. Ganz ökologisch einwandfreie, betont Karlstedt. Figuren sollen aus den Fenstern schauen wie im Vorjahr die Tiere aus der Arche Noah, und es wird mit Kindern ein Märchen einstudiert, das zur Schlosseinweihung am 18. Juli seine Premiere erlebt.
Inzwischen hat die Kitagruppe genug gebaut und sich mit Lehm eingedreckt. Mit dem Wasserschlauch werden deshalb vor dem Nachhausegehen die Arbeitsspuren beseitigt. Umziehen. Und schon wartet die nächste Gruppe.
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