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Das Institut für Regionalentwicklung untersucht Potenziale von Netzwerken in ländlichen Gebieten
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Eröffnen Netzwerke in ländlichen Regionen neue Perspektiven? Und warum breiten sich der Begriff „Netzwerke“ in der gesellschaftlichen Diskussion der letzten Jahren inflationär aus? Diesen Fragen ist das Leibniz Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in seinem 37. Brandenburger Regionalgespräch nachgegangen. Nicht nur Brandenburg, sondern die gesamten neuen Bundesländer leiden unter einem Fachkräftemangel. Der Mangel werde sich in den kommenden Jahren noch verstärken, erklärte Jan Kuper, Projektleiter beim Innovationsbüro Fachkräfte beim Bundesarbeistministerium. Hier könnten Firmenverbünde eine wichtige Rolle spielen. Kuper verwies auf die Initiative „Fachkräfte für die Region“, die regionale Netzwerke unterstützt und den Erfahrungsaustausch untereinander organisiert. 1022 Netzwerke zur Fachkräftesicherung habe das Ministerium gezählt. Hierunter würden sich Stiftungen und Verbände, aber auch Initiativen wie die „Ems Achse“ oder die „Jenaer Allianz“ finden.
Den Einstieg in das Thema lieferte Oliver Ibert vom IRS. Mit einer Studie über Musicaldarsteller hatte Ibert untersucht, wie berufliche Netzwerke in kreativen Berufen helfen können, Unsicherheiten bei Anstellungs- und Auftragsverhältnissen abzufedern. Netzwerke von Künstlern, Schauspielern und anderen Kreativen würden einerseits berufsbezogene Informationen vermitteln, die anders nur schwer zu erhalten seien. Andererseits würden sie die eigene Reputation steigern und so das Risiko bei der Organisation von immer neuen Projekten abfedern.
„Netzwerke bestehen aus Knoten und stellen eigenständige Verbindungen zwischen den Akteuren her“, definiert Ibert. Trotz Internet, SMS, Twitter und Skype sei die räumliche Nähe wichtig, wenn sich Netzwerke bilden. Denn der persönliche Kontakt diene auch einer sozialen Steuerung. Werte, Normen und Ziele innerhalb von verbundenen Gemeinschaften seien einfacher und wirkungsvoller zu verfolgen, wenn darüber von Angesicht zu Angesicht gesprochen werde.
Das gelte auch für den Fall, dass Wissenschaftler bei Großforschungseinrichtungen an gemeinsamen Forschungszielen arbeiten, erläuterte Uwe Sassenberg. Der Mitarbeiter beim Deutschen Elektronen Synchroton (Desy) beschrieb, mit welchen Schwierigkeiten Wissenschaftsprojekte zu kämpfen haben, wenn sie nicht nur die eigene Forschung, sondern auch die umliegende Region voranbringen wollen. Im „Science Link Project“, das sich rund um die Ostsee organisiert hat, seien 17 Partner fest organisiert, hinzu kämen vier weitere, die frei assoziiert sind. Das Netzwerk verfüge über ein Budget von 3,5 Milliarden Euro. Einem weiteren Forschungsverbund würden das Max IV Laboratory in Lund, das Desy in Hamburg und das HZB in Berlin angehören. Die Forschung zu Photonen und Neutronen finde dort auf einem weltweit führenden Niveau statt, es werde eng mit den lokalen Universitäten zusammengearbeitet. Die Ansiedlung der zumeist international oder zumindest europäisch finanzierten Einrichtungen werde in den entsprechenden Regionen gerne unterstützt, nicht zuletzt weil mit der Ansiedlung des Projektes und der Niederlassung der Forscher in der Region ein erheblicher Geldfluss von mehreren Millionen Euro verbunden sei. Es sei allerdings nicht so ganz einfach die Wissenschaftler bei der Stange zu halten, weil beispielsweise Physiker in Forschungseinrichtungen in der Regel schlechter bezahlt seien als beamtete Physiklehrer. Rechtfertigungsprobleme könnten sich für die teuren Forschungsprojekte ergeben, wenn sie wenig mit der lokalen Industrie kooperieren und selten fassbare Forschungsergebnisse liefern würden. Es müsse aus dem Netzwerk der Forschungseinrichtungen heraus mehr Marketing in der Öffentlichkeit betrieben werden, so Sassenberg.
Ob es sich bei dem Begriff des „Netzwerkes“ nicht vielleicht nur um ein Modewort handele, merkte eine Teilnehmerin der Diskussion an. Schließlich seien auch die historische Hanse und die Familiengemeinschaften der Medici im Italien der Renaissance etwas Ähnliches wie die heute neu entdeckten Netzwerke gewesen. Auch damals seien deren Mitglieder nichtstaatlich und ohne strikte Hierarchie organisiert gewesen. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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