Links und rechts der Langen Brücke: Genaues Hinsehen
Sabine Schicketanz ist beunruhigt über die Brandanschläge in Neu Fahrland und am Schlaatz
Stand:
Potsdam ist keine Kriminalitätshauptstadt. Diebstahl, Körperverletzung, Sachbeschädigung – alles kommt vor, jedoch nicht im Übermaß. Dafür sorgen in jüngster Zeit Brandstiftungen für Schlagzeilen. Die Feuer müssen die Potsdamer beunruhigen. Denn hinter ihnen scheint mehr zu stecken als jugendlicher Leichtsinn, Habgier oder Vandalismus.
Jüngstes Beispiel: Die Brandanschläge auf zwölf Autos in Neu Fahrland. Die Ermittlungsgruppe „Neu Hainholz“ scheint zu den Hintergründen immer noch im Dunkeln zu tappen. Von einem linksextremistischen Hintergrund der Taten geht die Polizei aber kaum mehr aus. Damit muss die Frage laut werden, welche Motive es für einen Täter oder eine Gruppe geben könnte, in der eigenen Nachbarschaft den Besitz anderer anzuzünden. In Neu Fahrland selbst wird dazu spekuliert, einige meinen, es könnte sich um einen Konflikt von „Zugezogenen“ mit „Einheimischen“ – sprich: Wessis und Ossis – handeln. Dies allein ist Grund genug, alarmiert zu sein. Denn eine solche Vermutung hat ihren Hintergrund, und der signalisiert Handlungsbedarf, besonders im Jahr 20 nach der politischen Wende. Wo nicht zusammenwächst, was zusammenkam, muss die Auseinandersetzung gesucht werden, damit eine Annäherung beider Seiten möglich ist. Hier würde die Stadt Potsdam gut daran tun, sich über den Kontakt zum Ortsbeirat hinaus zu engagieren.
Gebrannt hat es aber nicht allein in Neu Fahrland: Ebenfalls am Wochenende haben Unbekannte die Integrationslaube am Schlaatz verwüstet und angesteckt – zum sechsten (!) Mal. Die Motivation ist hier sehr eindeutig. Die Täter hinterließen ein Hakenkreuz, einen Davidstern und die Zeile „Wir kommen w.“ am Tatort. Dass es auch in Potsdam Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit gibt, wird nicht bestritten – das Ausmaß allerdings sollte immer wieder aufs Neue realistisch betrachtet werden. Nur so kann dieser Gesinnung wirksam begegnet werden. Ob sie auch hinter anderen Bränden steckt, die sich bereits im Frühsommer dieses Jahres in der Stadt ereigneten, ist bisher nicht aufgeklärt. Auffällig bleibt jedoch, dass dabei das Büro des Integrationsgarten-Trägervereins ebenso von Flammen verwüstet wurde wie eine Gaststätte vor einer jüdischen Einrichtung in der Berliner Straße. Verschwörungstheoretiker würden hier längst einen Zusammenhang sehen.
Doch selbst, wenn dieser nicht existiert: Alle diese Vorfälle sind beunruhigend, besorgniserregend. Sie erfordern genaues Hinsehen der politisch Verantwortlichen – am Schlaatz, in Neu Fahrland, in der ganzen Stadt.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: