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Von Guido Berg: Gericht kassiert Bebauungsplan

Autohaus klagte gegen B-Plan „Am Silbergraben“ und gewann / Anwalt: „Staatswillkür wie in der DDR“

Stand:

Drewitz - Der Bebauungsplan „Am Silbergraben“ ist unwirksam. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 10. September 2009. Das Sitzungsprotokoll der Urteilsverkündung des 2. Senats liegt den PNN vor. Kläger gegen den B-Plan Nr. 51-1 „Am Silbergraben“ der Stadt Potsdam war zunächst das Opel-Autohaus Brehm und nach dessen Konkurs das Nachfolgeunternehmen, die M & S Fahrzeughandel GmbH. Motiv für die Klage ist laut Geschäftsführer Mario Böttche „Willkür seitens der Stadt Potsdam ähnlich der am Griebnitzsee“. Sein Rechtsbeistand, der Potsdamer Rechtsanwalt Jens Robbert, spricht gar von „Staatswillkür wie in der DDR“.

Robbert und Böttche schildern das der Klage zugrunde liegende Geschehen so: Das bereits zu DDR-Zeiten existente Autohaus Brehm habe sich Böttche zufolge nach 1990 „zu dem Opel-Händler in Potsdam“ entwickelt. Es hatte seinen Standort in der Grotrianstraße im Wohngebiet Am Stern. Mitte der 1990er Jahre habe die Stadt Potsdam, Eigentümer des Grundstücks in der Grotrianstraße, den Pachtvertrag gekündigt. Gleichsam habe die Stadt Brehm das Angebot gemacht, auf das Grundstück in der Trebbiner Straße 24 umzuziehen. Böttche zufolge kaufte Brehm dieses Grundstück für 1,6 Millionen DM. Zudem habe Brehm dort für knapp drei Millionen DM in die Gebäudestruktur investiert. Laut Rechtsanwalt Robbert hätte Brehm laut dem sogenannten Modrow-Gesetz das Recht gehabt, das Grundstück in der Grotrianstraße zu kaufen, worauf die Stadt Potsdam aber nicht eingegangen sei. Daraufhin habe sich Brehm auf das Ausweichangebot Trebbiner Straße 24 eingelassen und dort investiert. Robbert: „Brehm hat sich zwingen lassen.“

Im Jahr 2004 begann die Stadt das Areal mit dem Bebauungsplan „Am Silbergraben“ als reines Wohngebiet zu überplanen. Robbert zufolge sollte Brehm nun auch von diesem Standort verdrängt und dort eine Eigenheimsiedlung entstehen. Noch 2004 habe Robbert im Auftrag Brehms Klage gegen den Bebauungsplan erhoben. Es sei unzulässig, ein als Gewerbegebiet ausgewiesenes Areal einfach als Wohngebiet zu überplanen – ohne Rücksichtnahme auf das bestandsgeschützte Unternehmen. Robbert: „Es gibt ein Gebot der Konfliktlösung.“ Dies habe die Stadt „einfach beiseite gewischt“, so Robbert: „Die Stadt kann doch nicht einfach so tun, als ob dieser Betrieb nicht da ist.“

Ein rechtswirksamer B-Plan, wie ihn die Stadt erarbeitete, hätte laut Robbert das Autohaus „erdrosselt“, eine Entwicklung wäre nicht mehr möglich gewesen. Nachdem Brehm 2006 aufgrund der hohen Zinsbelastung für die Investitionen in der Trebbiner Straße in Konkurs ging, betreibt Mario Böttche als Nachfolger das Autohaus. Er beschäftigt an diesem Standort nach eigenen Angaben 18 Mitarbeiter. Aufgrund der Lärmemmissions-Auflagen des B-Planes wäre eine Anlieferung von Autoteilen während der Nachtstunden nicht mehr möglich gewesen; auch hätte kein „Schlagschrauber“ mehr verwendet werden dürfen. In der Konsequenz hätte er das Autohaus auf eigene Kosten stilllegen müssen, wäre der B-Plan Realität geworden. Es sei „ein starkes Stück“, dass die Stadt Potsdam das Autohaus erst von der Grotrianstraße in die Trebbiner Straße getrieben habe, um ihm dann wenige Jahre später dort mit einem B-Plan die Existenzgrundlage nehmen zu wollen, sagte Böttche.

Die Urteilsbegründung des Oberverwaltungsgerichtes liegt zwar noch nicht vor. Anwalt Robbert glaubt, dass das Gericht erkannt habe, dass die Stadt „auf die wohlerworbenen Rechte des Grundstückseigentümers Rücksicht“ zu nehmen habe. In Potsdam sei dieser Willkürvorgang „kein Einzelfall“, so Robbert. Es werde nach politischen, nicht nach rechtstaatlichen Gesichtspunkten gehandelt.

Die Stadt Potsdam teilte gestern zu dem Urteil mit, „Konsequenzen für weitere Schritte gesichert überlegt und bewertet“ werden könne erst nach Vorliegen der Urteilsbegründung.

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