Landeshauptstadt: „Geringster Konsens“ im Streit um Baumfällungen
Studenten und Uni-Mitarbeiter am Campus Golm wollen über Rettung von 15 bis 20 Bäumen verhandeln
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Golm - Im Streit um die umfangreichen Baumfällungen am Campus Golm der Universität Potsdam zeichnet sich ein Kompromiss ab: Bei einem Treffen am gestrigen Montag, an der sich neben den Bauverantwortlichen über hundert Interessierte, Studenten und Uni-Mitarbeiter beteiligten, wurde klar, dass die Gegner nicht alle Fällungen infrage stellen, sondern sich vor allem um den Erhalt einzelner Bäume und Baumgruppen sorgten.
Die Beteiligten einigten sich auf einen Vorschlag von Uni-Vizepräsident Thomas Grünwald, nach dem die Gegner der Fällungen spätestens bis Mittwoch eine „Hitliste“ strittiger Bäume erstellen sollen, auf deren Grundlage über ihren Erhalt verhandelt wird. Dies soll bei einer Diskussion am Freitag bei einem Termin mit allen Verantwortlichen geschehen.
Die Zeit drängt, da die Fällungen aufgrund der Schonzeit nur bis zum ersten März durchgeführt werden können; über 50 Bäume sind bereits gefällt worden. Einen Fällstopp werde es daher nicht geben, unterstrich Grünwald. Einer der Wortführer der Baumfäll-Gegner, der wissenschaftliche Mitarbeiter Stephan Jacobi, kritisierte Grünwalds Vorschlag als „geringsten Konsens“.
Stein des Anstoßes waren die seit letzter Woche laufenden Baumfällungen auf dem Campus, über die offenbar weder Studenten noch Uni-Mitarbeiter informiert waren. Auch Grünwald bekundete, vom Umfang der Fällungen keine Kenntnis gehabt zu haben. Insgesamt 209 Bäume sollen für umfangreiche Baumaßnahmen der Säge anheimfallen und anschließend durch 360 Neupflanzungen ersetzt werden. Laut den bereits seit 1993 bestehenden Planungen soll unter anderem zwischen Bahnhof und Mensa eine „Grünachse“ entstehen, sowie die unterirdische Infrastruktur erneuert werden, wodurch in die Wurzeln der Bäume eingegriffen werden müsse. Zudem sollen neue Labore und Aufenthaltsorte im Freien geschaffen werden.
Die Fällmaßnahmen seien vor allem nötig, so Standke, um ein neues Drittmittelgebäude zu errichten, altersschwache Bäume zu beseitigen und barrierefreie Zugänge zu den Gebäuden zu schaffen. Dies wurde von den Fällungsgegnern auch nicht beanstandet, kritisiert wurde jedoch, dass viele Bäume ohne zwingenden Grund den Baumaßnahmen zum Opfer fallen sollen. Bei einer anschließenden Begehung urteilte der Baumgutachter Manfred Frommer etwa über zwei Kastanien, die einer Bergahorn-Allee weichen sollen: „Diese Bäume sind jung und gesund. Es gibt keinen rationalen Grund für eine Fällung, außer, dass sie vom Landschaftsarchitekten als störend empfunden werden. Aber Grünpläne sind nun mal kreative Ansichtssache.“ Es spräche nichts dagegen, die Bäume in die geplante Allee einzugliedern. Ähnliche Pläne haben die Gegner der Baumfällungen in Bezug auf etwa 15 bis 20 weitere Bäume, bei denen laut Jacobi „kein zwingender Grund zum Fällen erkennbar ist“. Standke sowie Grünwald hatten während der Diskussion bekräftigt, dass kein Baum gefällt werden solle, bei dem dies nicht notwendig sei. „Viele strittige Bäume sind leider bereits gefällt worden, davon auch ein oder zwei, die gar nicht im Grünplan zum Fällen vorgesehen waren“, sagte der Student Simon Wohlfahrt.
Zuvor hatte Grünwald offen Fehler in der Informationspolitik der Unileitung eingestanden und kündigte mehr Transparenz an. „Wir haben das nicht vernünftig kommuniziert.“ Erik Wenk
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