Homepage: Geschichte der Freiheitskriege digital vermittelt
Oberst Dr. Hans Ehlert ist neuer MGFA-Abteilungsleiter für Ausbildung, Information und Fachstudien
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Oberst Dr. Hans Ehlert ist neuer MGFA-Abteilungsleiter für Ausbildung, Information und Fachstudien Von Erhart Hohenstein In Oberst Dr. Hans Ehlerts Tagesmappe liegt eine Vermisstenanfrage ganz obenauf. Eine Familie fragt nach dem Vater, der gegen Kriegsende 1945 einen Flug von der Ostfront nach Nürnberg antrat und seitdem verschollen ist. „Doch, auch um solche Anfragen kümmern wir uns“, erklärt der neue Leiter der Abteilung Ausbildung, Information, Fachstudien (AIF) im Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) Potsdam. „Auf jeden Fall helfen wir durch Hinweise auf die Wehrmachtsauskunftsstelle, den Suchdienst des DRK oder die Deutsche Kriegsgräberfürsorge weiter.“ Die Mehrzahl der jährlich etwa 2000, sehr vielfältigen Anfragen an das MGFA liegt allerdings auf anderen Gebieten. Politiker erkundigen sich vor der Auslandsreise nach militärhistorischen Traditionen des Gastgeberlandes, Sozialgerichte fragen an, ob einem Kroaten oder Österreicher wegen des Dienstes in der Wehrmacht Versorgungsansprüche zustehen, Fachstudien werden nötig, wenn sich eine Kaserne den Namen eines Militärs geben möchte. Für solche Informationen steht Oberst Ehlert ein, wenn auch kleines, Serviceteam zur Verfügung, das durch Studenten im Praktikum unterstützt wird. Seine Mitglieder müssen Meister der Recherche sein, um die oft verzwickten Sachverhalte zu klären. Anfragen zu beantworten, stellt allerdings keineswegs das wichtigste Teilgebiet der von Oberst Ehlert geleiteten Bereichs dar. Auf seinem Schreibtisch liegen die zweibändigen „Grundzüge der deutschen Militärgeschichte“. Das Standardwerk dient der Offiziersausbildung. Einen solchen kompakten Abriss gibt es sonst nirgendwo, so dass das Buch auch Interessenten außerhalb der Bundeswehr zu empfehlen ist. Wie für fast alle Veröffentlichungen des MGFA kann der Titel über die Internetseite des Amtes (www.mgfa.de) bestellt werden. In diesem Jahr wird das Lehrbuch überarbeitet und dabei nicht nur inhaltlich um die jüngsten Forschungsergebnisse bis hin zur Militärgeschichte der DDR bereichert, sondern auch durch die Nutzung neuer Medien (CD-Room mit Filmausschnitten, animierten Karten u.a.) aufgewertet. Diesen Weg geht das MGFA ebenso bei den digitalen Unterrichtsmappen für Unteroffiziere und Mannschaften sowie den Textbänden und interaktiven CD-Rooms der neuen Reihe „Hilfen für die historische Bildung“. Über die „Geschichte der Freiheitskriege“ 1813-1815 liegt eine solche Hilfe bereits vor, zum militärischen Widerstand gegen Hitler erscheint sie demnächst. „Diese Materialien ermöglichen eine lebendige Begegnung mit der Geschichte und kommen dem Lernverhalten junger Menschen entgegen, die moderne Medien dem Buch vorziehen“, erklärt dazu Hans Ehlert. „Zudem bedeuten sie für den stark belasteten Truppenoffizier, für den die historische Bildung der Soldaten nur eine Aufgabe von vielen ist, eine wesentliche Zeitersparnis.“ In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass die für breitere Kreise gedachte Zeitschrift „Militärgeschichte“ inzwischen auch vom Internet heruntergeladen werden kann. Das dritte große Feld, das von Oberst Ehlert und seinen Mitarbeitern beackert wird, sind die beiden Museen und die Wanderausstellungen der Bundeswehr. Bekanntlich erhält das Militärhistorische Museum in Dresden (in das auch die wichtigsten aus dem zu Ende der DDR-Zeit im Potsdamer Marmorpalais geschlossenen Armeemuseum eingegangen sind) einen Neubau durch den Stararchitekten Daniel Libeskind. Für das Luftwaffenmuseum in Berlin-Gatow wurde immerhin ein günstigerer Besucherzugang geschaffen. Im Gespräch ist, für die noch im Freien stehenden Fluggeräte Unterstände zu bauen. Die Bundeswehr wird ihre Museumslandschaft vermutlich nicht erweitern, verdeutlichte Dr. Ehlert, auch nicht in Brandenburg, dem Stammland Preußens. Der Initiative eines Fördervereins, ein brandenburgisch-preußisches Militärmuseum aufzubauen, stehe er nicht ablehnend gegenüber. Am sensiblen Standort Potsdam sei allerdings eine ganz besondere fachliche und wissenschaftliche Kompetenz Voraussetzung, um eine dem aktuellen Forschungsstand entsprechende Darstellung zu sichern. Von „Germania auf dem Meere“ bis „Wege zur (deutsch-amerikanischen) Freundschaft“ reichen die Themen der bisher fünf Wanderausstellungen, die das Militärgeschichtliche Forschungsamt nicht nur in Kasernen zeigt. So waren die beiden genannten im Vorjahr in den Potsdamer Bahnhofspassagen zu sehen. Im nächsten Jahr wird sich eine sechste Ausstellung hinzugesellen – zum 50-jährigen Bestehen der Bundeswehr. Bei der Realisierung kann auch auf die Forschungsergebnisse von drei Historikerteams zurückgegriffen werden, die zum runden Geburtstag wissenschaftlich fundierte Geschichten der Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine vorlegen sollen. Die Ausstellung wird selbstverständlich die spannenden Jahre nicht auslassen, in der der Kalte Krieg erlosch und nach der deutschen Wiedervereinigung die „Armee der Einheit“ geschaffen wurde. Wie bei allen Vorhaben nutzt die Abteilung AIF dabei die Synergieeffekte mit dem zweiten großen Bereich des MGFA, der von Frau Prof. Dr. Beatrice Heuser geleiteten Abteilung Forschung. Doch auch Ehlert selbst ist Experte für die deutsche Militärgeschichte der neuesten Zeit. Erst vor wenigen Wochen erschien sein jüngstes Buch „Genosse General“,herausgegeben zusammen mit Oberstleutnant Dr. Armin Wagner, mit Biographien von 19 hohen NVA-Militärs. Obwohl der Oberst weiß, dass ihn die von ihm als Herausforderung verstandene Berufung zum Leiter der Abteilung AIF – damit ist er gleichzeitig Stellvertreter von Amtschef Kapitän zur See Dr. Jörg Duppler – vor eine Fülle organisatorischer Aufgaben stellt, will er seine Forschungstätigkeit nicht aufgeben. Besonders würden ihn jene Tage der politischen Wende reizen, in denen die Entscheidungen über den militärischen Einsatz der DDR-Armee und schließlich für den Gewaltverzicht gegenüber den Demonstranten fielen.
Erhart Hohenstein
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