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Scharf geschossen wird an der Glienicker Brücke nicht mehr. Diese Kanone ist ein Kunstwerk und Teil des Skulpturengartens der Villa Schöningen, die Besucher im hauseigenen Café sehen können.

© Manfred Thomas

Von Friederike Sophie Foitzik: Geschichte verändert Orte

Potsdams Museen luden zum Internationalen Museumstag ein

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In der Villa Schöningen bekommen Besucher ab sofort mehr für ihr Geld. Der Skulpturengarten ist von nun an kostenlos zu besichtigen, teilte Johanna Clary, Mitarbeiterin der Villa Schöningen, beim gestrigen 33. Internationalen Museumstag mit. 15 Künstler präsentieren momentan über 30 Skulpturen im Garten der Villa Schöningen.

Im Museum ist beispielsweise ein „Stalinrasen“ zu sehen, der zu DDR–Zeiten als Sperre im Tiefen See lag. Wer flüchten wollte, wurde von handbreiten Stahlspießen durchbohrt. Die Villa Schöningen war zu der Zeit ein Kinderwochenheim und blieb es bis 1994. Das Alltagsleben fand an einem Ort statt, an dem 1962 mit dem Agentenaustausch von Francis Gary Powers und Rudolf Iwanowitsch Abel Geschichte geschrieben wurde. Seine Sicht auf den Agentenaustausch setzte der Künstler Stephan Huber in einem modernen Gemälde um. Genauso, wie der Skulpturengarten, soll die zeitgenössische Kunst im ersten Stock andere Perspektiven der Geschichte des Ortes aufzeigen. Laut Clary melden sich fast genau ein halbes Jahr nach der Eröffnung der Villa immer noch viele Potsdamer, die ihre Erinnerungen an die Glienicker Brücke und die Villa Schöningen schildern wollen. Im Museum kommen sie zu Wort. „Ein fröhlicher Ort der Freiheit soll die Villa sein“, so Clary.

Ein Ort der Freiheit war die Lindenstraße 54/55 ab 1820 nicht mehr. Als Gefängnis ist das im Volksmund genannte „Lindenhotel“ erst 1989 geschlossen worden. Seit 2004 widmet sich die Gedenkstätte der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Geschichte des Hauses, das sich nach 1989 zum „Haus der Demokratie“ entwickelt hat. Obwohl noch viel gebaut werden muss, haben sich die Besucherzahlen zwischen 2008 und 2009 von 800 auf 1500 im Monat fast verdoppelt, so Gabriele Schnell, freie Mitarbeiterin der Gedenkstätte. „Die Außenfassade, der Eingangsbereich und die Klassenräume müssen weiter saniert werden“, sagte Schnell. Die Arbeiten zur Aufarbeitung der NS-Zeit sollen 2011 beendet sein.

Viele Zeitzeugen berichten vom Alltag im Gefängnis. Einer von ihnen ist Herbert Paulmann, der 1946 verhaftet wurde. Er schildert, dass in den winzigen Zellen über 40 Personen schlafen mussten. Viele von ihnen auf dem Fußboden. Ein Pfarrer hielt die Situation nicht mehr aus und schlitze sich mit einem Nagel seines Schuhs die Pulsadern auf.

Im Haus der Brandenburgischen Preußischen Geschichte wurde am Nachmittag das Buch „Sibylle. Modefotografien 1962-1994“ vorgestellt. Die Herausgeberin Dorothea Melis war 30 Jahre Moderedakteurin bei „Sibylle“. „Mode ist alle“, sagt sie. „Von der Art, wie man spricht bis zur Art, wie man isst.“ Mode als Alltagskultur wurde in der „Sibylle“ gezeigt. Besonders selbstbewusste, moderne Frauen fühlten sich von „Sibylle“ angesprochen. Die Ausstellung ist noch bis zum 22. August geöffnet.

Friederike Sophie Foitzik

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