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Am Ende weggekürzt: Das Stadtschloss muss an seinen südlichen Ecken (im Bild links oben) um 40 beziehungsweise 90 Zentimeter gestaucht werden, weil die neue Verkehrsführung den originalen Grundriss berührt.

© dpa

Von Peer Straube: „Geschrumpftes“ Schloss verstößt gegen Beschluss

Baurechtler Professor Battis: Keinerlei Spielraum bei Formulierung / Ruf nach Aufklärung wird lauter

Von Peer Straube

Stand:

Das „geschrumpfte“ Stadtschloss ist ein „eindeutiger Verstoß“ gegen den 2005 gefassten Landtagsbeschluss zum Parlamentsneubau am Alten Markt. Das sagte der Baurechtler Professor Ulrich Battis gestern den PNN. In dem Papier heißt es wie berichtet, der Landtagsneubau solle in den „äußeren Um- und Aufrissen des ursprünglichen historischen Gebäudes“ errichtet werden. Die Formulierung lasse keinerlei Spielraum erkennen, so Battis. Wenn man bei der Planfeststellung für den Verkehrsumbau davon abgewichen sei, bedürfe es der Rechtfertigung „und die sehe ich nicht“, erklärte Battis, der an der Berliner Humboldt-Universität einen Lehrstuhl für Verwaltungsrecht innehat. Battis erlangte in Potsdam vor allem durch seinen Bericht über Willkür und Verfehlungen in der Bauverwaltung Bekanntheit.

In der letzten Woche war auf einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung bekannt geworden, dass der Landtag nicht in den Knobelsdorffschen Abmessungen gebaut werden kann, weil die neue Verkehrstrasse den historischen Grundriss berührt. Zunächst habe er das für einen Aprilscherz gehalten, sagte der Baurechtsexperte. Die Vorgabe aus dem Landtagsbeschluss sei klar, die Verwaltung habe ihn zu vollziehen, verantwortlich sei demnach der Finanzminister, damals noch Rainer Speer (SPD), der jetzt Brandenburgs Innenressort leitet.

Im Finanzministerium, das seit vergangenem Herbst Helmuth Markov (Linke) untersteht, weist man jegliche Verantwortung von sich. Das Planfeststellungsverfahren habe unter Beteiligung aller, die dafür nötig waren, „völlig unangefochten“ stattgefunden, sagte Markovs Sprecherin Ingrid Mattern den PNN. Es bestehe daher „kein Anlass zur Stellungnahme“.

Doch mehren sich die Stimmen jener, die Aufklärung fordern. Die Handlungen der Verwaltungen von Stadt und Land hätten sich gegenüber den politischen Beschlüssen „verselbstständigt“, kritisierte die Bündnisgrünen-Stadtverordnete Saskia Hüneke, langjähriges Mitglied im einflussreichen Bauausschuss. Nun müsse „genauer untersucht“ werden, was zu diesem Ergebnis geführt habe. Anderenfalls drohe ein „erhebliches Glaubwürdigkeitsproblem“. Ähnlich äußerte sich der frühere CDU-Kreischef und Ex-Landtagsabgeordnete Wieland Niekisch. Obwohl er als Mitglied des Baubeirats für den neuen Landtag am Planungsprozess unmittelbar beteiligt war, sei die nun nötige „Stauchung“ des Schlosses für ihn eine „völlig neue Information“. Es müsse jetzt „mindestens geprüft“ werden, wie bei einem über Jahre so in der Öffentlichkeit stehenden, „hochsensiblen und mit Argusaugen überwachten“ Projekt ein derartiger Umstand eintreten konnte, so Niekisch. Der Landtagsbeschluss von 2005 und dessen Konkretisierung von 2008, nach der Spende von Hasso Plattner für die historische Fassade, verlangten zusammen „100 Prozent Knobelsdorff“, so Niekisch.

Überraschenden Beistand erhält die Allianz der Knobelsdorff-Verfechter nun von den Linken. Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg legte am Mittwoch in der Stadtverordnetenversammlung einen Antrag vor, wonach der Oberbürgermeister auf die Einbeziehung der Stadt in das Landtags-Projekt „hinwirken“ soll. Erreicht werden solle eine „größtmögliche Transparenz und Ausstrahlung“ des Landtags sowie eine „Belebung der Mitte“. Über das Papier soll zunächst der Bauausschuss beraten. Fraktionskollege Rolf Kutzmutz sprang dem Stadtschloss-Förderverein und der Initiative „Mitteschön“ gar noch direkter bei. In der Stadtverordnetenversammlung sagte er, eine „Durchwegung des Landtags“ sei eine der Bedingungen der Linken für ihre Zustimmung zum Bebauungsplan für das Stadtschloss gewesen. Dieser Punkt ist nach wie vor eine Kernforderung der beiden Bürgervereine, die der Kunsthistoriker Hans-Joachim Kuke vor dem Plenum noch einmal erneuerte. Die offenen Wege über das Schlossareal in Ost-West-Richtung seien schon früher ein wichtiger Verkehrsweg zwischen Steubenplatz und Humboldtstraße gewesen und hätten zudem „stadtkompositorisch“ den Verlauf wichtiger Sichtachsen markiert. Auf sie wegen ein paar mehr Büroräumen zu verzichten bedeute, den Landtag zur „Sackgasse“ zu machen. In puncto Bürgernähe falle das „Haus des Volkes“ damit noch „hinter das Kaiserreich zurück“, kritisierte Kuke.

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