Landeshauptstadt: Gesprächsbedarf
Der israelische Botschafter Shimon Stein zu Gast bei Katherina Reiche
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Innenstadt - Wer lange und ausführlich redet, lässt anderen kaum Zeit nachzufragen. Shimon Stein, Botschafter des Staates Israels in Deutschland, sprach am Montagabend ausführlich in Potsdam und verhinderte so, dass er schon am Anfang mit kritischen Fragen überrascht werden würde. CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche hatte Stein eingeladen, um mit ihm die Reihe „Die Welt zu Gast in Potsdam“ zu eröffnen. Getreu dem Motto der Fußballweltmeisterschaft vom vergangenen Sommer will Katherina Reiche in den kommenden Monaten zahlreiche Botschafter nach Potsdam einladen, um mit ihnen über ihr Land und deren Verhältnis zu Deutschland zu sprechen.
Vor 35 Gästen sprach Shimon Stein fast zwei Stunden lang im Hotel Voltaire. Anfangs etwas zurückhaltend, später offener, als Stein merkte, dass niemand im Publikum saß, der Fragen nutzen würde, um scharfe Kritik an Israels Politik im Nahen Osten üben zu wollen. Immer wieder sprach Stein von der Schwierigkeit, im friedlichen Potsdam über die Situation in seiner Heimat zu reden. „Während für Deutschland 2006 das Jahr der Fußballweltmeisterschaft war, war es für Israel das Jahr der Raketen“, so Stein. In Deutschland Weltoffenheit, Toleranz und Jubel auf den Straßen, in Israel insgesamt 5000 Raketen der Hisbollah aus dem Südlibanon.
Ausführlich nahm sich Stein Zeit, die Situation im Nahen Osten zu erklären, wo seit Jahren schon die moderaten mit den extremen Kräften ringen. Doch seit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948, auch das Geburtsjahr von Shimon Stein, habe sein Land bis heute vergeblich darum gekämpft, von den Nachbarländern anerkannt zu werden. Seit Jahren müsse Israel deswegen immer wieder Krieg führen. Und nicht selten sei Israel dadurch zu harten Maßnahmen gezwungen. Bisher habe sich sein Land behaupten können. „Doch den Krieg der Bilder haben wir leider verloren“, sagte Stein.
Stein sprach damit die Berichterstattung über den Kampf Israels gegen die Hisbollah im Südlibanon an. „Was im Fernsehen zu sehen ist, sind israelische Soldaten, israelische Panzer und israelische Flugzeuge“, so Stein. „Und das, weil wir eine reguläre Armee sind“, die sich an die konventionelle Kriegsführung halte. Doch die Hisbollah mit ihrer Guerillataktik bleibe gesichtslos, lagere ihre Munition in Dörfern und verstecke sich hinter der Zivilbevölkerung. Reagiere Israel auf die terroristischen Angriffe seitens der Hisbollah mit Gegenangriffen, seien Bilder von brennenden Häusern und Dörfern in den Nachrichten zu sehen und werde die Zahl toter Zivilisten beklagt. „Doch wurde schon einmal hinterfragt, wie viele der 1000 Toten, die in den vergangenen 33 Jahren durch israelische Gegenangriffe ums Leben kamen, Kämpfer der Hisbollah waren“, fragte Stein. In Israel schätze man diese Zahl auf bis zu 600, gab er gleich selbst eine Antwort.
„Wir wollen natürlich Frieden“, antwortete Stein auf eine Frage aus dem Publikum. Doch nicht um jeden Preis.
In der Reihe „Die Welt zu Gast in Potsdam“ empfängt Katherina Reiche am Dienstag, 13. Februar, den Botschafter der Vereinigsten Staaten, William R. Timken jr., um 19 Uhr im Hotel Voltaire.
Dirk Becker
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