Landeshauptstadt: Gesprächsbereit
Steinige Wege zur Nachbarschaft mit Toleranz in Groß Glienicke, Betroffene ergreifen Selbstschutz
Stand:
Steinige Wege zur Nachbarschaft mit Toleranz in Groß Glienicke, Betroffene ergreifen Selbstschutz Groß Glienicke – Torsten G. (Name geändert, d. Red.) fühlt sich bedroht. Er hatte bei der Polizei Anzeige erstattet, nachdem vor einigen Wochen junge Spätaussiedler seine Kinder schikanierten. „Jetzt stehen die vor meiner Tür und drohen mit Waffen in der Hand, meiner Familie etwas anzutun“, berichtete er am Donnerstagabend im Begegnungshaus bei der Groß-Glienicker Runde. Zu diesem Gesprächskreis treffen sich regelmäßig Bürger aus dem Ort und Vertreter von Potsdamer Behörden und Vereinen, um Strategien für die Umsetzung des städtischen Integrationsprojektes „Wege zu Nachbarschaft, Toleranz und Demokratie“ auch für Groß Glienicke zu erarbeiten. Doch an diesem Abend drehte sich das Gespräch nur darum: Was tun, wenn man schikaniert und nach der Anzeige bedroht wird? „Ob Ausländer oder Deutscher, keiner hat das Recht, andere Menschen so zu behandeln“, stellte Renate Michael von der Arbeitsgruppe Prävention der Potsdamer Polizei klar. Es sollten sich mehrere Nachbarn zusammenfinden, die sich den gewaltbereiten Jugendlichen gemeinsam entgegen stellen, rät sie. Doch ebenso gehörten diese Jugendlichen an den Gesprächstisch, wo beide Parteien ihren Konflikt unter fachlicher Beratung diskutieren könne, rät sie. „Die jugendlichen Spätaussiedler wurden bisher aber noch gar nicht eingeladen“, gab Susan Kunze vom Begegnungshaus zu bedenken. Die sollten aber zum Gesprächskreis ins Begegnungshaus kommen, meinte die städtische Ausländerbeauftragte Magdolena Grasnick. Die möchte Torsten G. eigentlich auch gern am Tisch sehen, denn nach seinem Eindruck wachsen da bereits junge Gewaltbereite nach, nachdem die „Aktivsten“ jetzt weggezogen sind. Doch würden der „Nachwuchs“ unter diesen 14- bis 16-Jährigen seiner Meinung nach ohnehin nicht zu Gesprächen bereit sein. Dabei hat das Begegnungshaus bisher mit den russischen Familien gute Erfahrungen gesammelt, gerade die Frauen kommen gern zu den verschiedenen Projekten im Begegnungshaus. Das konnte auch Torsten G. bestätigen: „Ich habe viele liebe und ruhige Nachbarn, die aus Kasachstan kommen, aber um die geht es ja nicht“, stellte er fest. Nun hat er sich einen Welpen gekauft, einen Rottweiler. Noch würden die jungen Gewaltbereiten über den lachen, noch zucken seine Kinder zusammen, wenn jemand vor der Haustür russisch spricht. „Bald lachen sie nicht mehr“, davon ist er überzeugt. Denn er will nicht nur seine Kinder davor schützen, dass sie mit Wegezoll „abgezogen“ werden, dass anderen Kindern das Fahrrad weggenommen und dann demoliert wird. Doch rät Renate Michael dringend ab von Selbstjustiz. „Es muss alles immer wieder zur Anzeige kommen, dann kann die Polizei auch reagieren.“ Winfried Gutzeit
Winfried Gutzeit
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: