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TV-Casting: Gesucht: Carmen

So sehen sie also aus, die Opernstars von morgen: Ein Hauch von „Fame“ weht durch das Loft-Studio in der vierten Etage des Berliner „Radialsystems“ beim Ostbahnhof.

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Berlin-Friedrichshain - Aufgeregt wirkt hier trotzdem niemand. Die laufenden Kameras scheinen die jungen Sänger und Sängerinnen, die auf weißen Sofas beisammen sitzen oder auf überdimensionalen Kissen entspannen, vergessen zu haben. Der Blick schweift über die Spree zu Industriegebäuden mit Graffiti, man spricht Englisch. Alle paar Minuten mahnt ein verkabelter Mann vom Fernsehteam „schhhhh“. Dann öffnet sich die Tür zum Studio C. Wieder ein Kandidat, der vor der Kamera erzählen darf, wie es ihm drinnen ergangen ist, beim Vorsingen vor der Jury.

„So etwas habe ich nicht erwartet“, sagt Jesus Ibarra. Der 35-jährige Mexikaner will dabei sein, wenn im August Bizets Opernklassiker „Carmen“ unter freiem Himmel am Wannsee Premiere feiert – inszeniert vom Potsdamer Regisseur Volker Schlöndorff, musikalisch begleitet von der Potsdamer Kammerakademie und dem Neuen Kammerchor, mit Kulissen aus den Babelsberger Studiowerkstätten.

Wie knapp 500 Sänger und Sängerinnen aus 25 Ländern hat sich Ibarra deshalb beim „Open Opera“-Casting beworben. Denn Seefestspiele-Intendant Christoph Dammann und die Veranstalter von der DEAG setzen im zweiten Jahr des Freiluft-Opern-Projektes auf ein TV-Casting für die vier Hauptrollen (PNN berichteten) – die Zuschauer sollen ein Stück hinter die Kulissen des Opernbetriebs schauen können. Die sechsteilige Dokumentation soll im August beim TV-Sender Arte ausgestrahlt werden.

Ibarra hat sich für den Part des Stierkämpfers Escamillo beworben: „Mit meiner lateinamerikanischen Herkunft fühle ich mich ihm nah“, erklärt er: „Auch wenn ich Stierkampf nicht so gut finde.“ Der Mexikaner ist einer von 31 Kandidaten, die zum Vorsingen im Radialsystem eingeladen wurden. Dass beim Vorsingen Kameras liefen, habe ihn nicht irritiert. „Wegen des Singens war ich nicht aufgeregt, beim Warten aufs Ergebnis schon.“

Chrysanthi Spitadi macht sich Hoffnungen auf die Titelrolle, für die sie mit ihrer dunklen Lockenmähne optisch perfekt passt. Weil sie die Carmen momentan an ihrer Heimatbühne, dem Theater Gera, singt, ist die Griechin auch musikalisch bestens vorbereitet. Die 29-Jährige schwärmt vom Auftritt unter freiem Himmel: „Als Griechin habe ich Sommertheater schon oft erlebt“, sagt sie: „Ich finde, Carmen ist ein ideales Stück dafür.“

Es ist ein langer Arbeitstag, vor allem für die Jury um den Sänger David Lee Brewer. Gegen halb neun am Montagabend sind alle gehört, nach kurzer Beratung liest Brewer die zwölf Namen der Sänger vor, die es in die nächste Runde geschafft haben. Es gibt Applaus für die Jury, die – so loben mehrere Kandidaten – anders als bei anderen Vorsingen jedem Sänger eine fundierte Rückmeldung gegeben hat. „Normalerweise gehst du hin, singst, und erfährst irgendwann später, ob du dabei bist“, sagt Jesus Ibarra. Er hat es an diesem Abend eine Runde weiter geschafft und strahlt. Für Chrysanthi Spitadi endet der Tag dagegen mit Abschied: „Ich glaube, wir sind fast wie eine Familie geworden“, sagt sie. Am morgigen Donnerstag wird die endgültige Besetzung beim Finale entschieden.

Arte zeigt die Dokumentation vom vom 12. bis 26. August jeweils sonntags 14 und 14.25 Uhr. Die Seefestspiele feiern am 16. August Premiere, Karten im PNN-Shop im Karstadt in der Brandenburger Straße.

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