Landeshauptstadt: Gewitter im Gehirn
Internationale Epilepsie-Experten tagten in Potsdam
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Internationale Epilepsie-Experten tagten in Potsdam In der Rettungsstelle des Potsdamer Klinikums müssen jedes Jahr rund 500 Menschen behandelt werden, die einen epileptischen Anfall erlitten haben. 100 Epilepsie-Patienten werden pro Jahr stationär in der Klinik für Neurologie des Ernst von Bergmann-Klinikums aufgenommen. Epilepsie ist die häufigste chronische Krankheit des zentralen Nervensystems, 800 000 Menschen in der Bundesrepublik leiden daran – doch was Epilepsie tatsächlich ist, wissen meist nur die Betroffenen. „Es ist die durch Vorurteile am meisten diskreditierte Krankheit“, sagt Prof. Dr. Walter Christe. Er ist Chefarzt der Potsdamer Neurologie-Klinik und seit zwei Jahren Vorstand der „Stiftung Michael“. Die Stiftung agiert international, ihre Ziele sind unter anderem die Ursachenforschung, die Aufklärung über die Krankheit und die ärztliche Fortbildung auf dem Gebiet der Epileptologie. Dazu findet alle zwei Jahre das so genannte „Michael Forum“ statt – am vergangenen Wochenende in Potsdam. Erwartet wurden 21 Mediziner aus Brasilien, den USA, England, Griechenland, Italien und Deutschland, allesamt ausgezeichnet mit dem Michael-Preis, dem „Nobelpreis“ der Epileptologie. Bei der zweitägigen Konferenz, die im Inselhotel auf Hermannswerder stattfand, wollten die renommierten Mediziner, Wissenschaftler und Forscher die neuesten Forschungsergebnisse zur Epilepsie präsentieren und diskutieren. „Wir wissen, wie die Zellen im Gehirn funktionieren, wie ein Anfall entsteht. Aber wir wissen nicht, wie er sich im Gehirn ausbreitet und warum“, sagt Prof. Christe. So kann Epilepsie – „die plötzliche, abnorme Aktivitätssteigerung des Zentralnervensystems“ – bereits mit Medikamenten behandelt werden. „Sie beeinflussen die Nervenzellen so, dass es nicht mehr zu gewitterartigen Störungen kommt.“ Zwei Drittel der Betroffenen würden durch die Behandlung anfallsfrei, das sei ein sehr großer Fortschritt. Nach wie vor gelte es jedoch, die Medikamente zu verbessern, ihre Wirksamkeit zu steigern und die Nebenwirkungen zu reduzieren, so Christe. Auf einer Skala von eins bis zehn seien die Epileptologen auf einem Wissenstand von sieben. Dass das hochkarätige „Michael-Forum“ jetzt in der brandenburgischen Landeshauptstadt stattfand, sei ein Gewinn für die „Wissenschaftsstadt Potsdam“, meint Christe, der 1997 vom Berliner Virchow- ins Bergmann-Klinikum gekommen ist.
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